18. Juli 2013

Gegen Not, für Bildung und Integration

Von nst1

An Christoph Metzelder, Ex-Fußballprofi

Lieber Christoph Metzelder,

Fußball begeistert: Jungen träumen von einer Spielerkarriere, Kicker sind Idole, für viele Fans ist Fußball alles! Es gibt auch noch andere Inhalte im Leben, sagen Sie mit Ihrem Rücktritt nach dreizehn Jahren als Profifußballer. Und es wirkt wohltuend gelassen in einer Welt, die neben Teamgeist und Fairness auch unbarmherzigen Konkurrenzkampf und knallharte wirtschaftliche Interessen kennt.
Sind 32 Jahre nicht zu jung, um aufzuhören? Sie bringen die häufigen gesundheitlichen Schwierigkeiten als Gründe ins Spiel und, dass Sie mit den nötigen Höchstleistungen nicht mehr so mithalten können. Für manche mag das resigniert klingen; für mich zeigt es, dass Sie ehrlich mit sich selbst sind, dass Ihnen auch Körper und Gesundheit wichtig sind, und es beweist eine gesunde Distanz zu sich selbst, die sich durch Ihre gesamte Karriere zieht: Sie spielen sich nicht in den Vordergrund, drängeln nicht ins Rampenlicht.

Vor allem beeindruckt, dass Sie nicht wehleidig und verbittert über all das Verletzungspech den Hut nehmen. Dabei haben Sie auch harte Zeiten durchgemacht, zum Beispiel als Sie 2003-2004 nahezu zwei Jahre auf der Bank sitzen mussten, weil die Achillessehne Probleme machte.
Zu der zurückhaltenden, bodenständigen Art passt, dass Sie Ihrem Heimatverein TuS Haltern die Treue halten: Sie wählen nicht einen der großen Clubs, um ihn mit Know-how und Beziehungen, aber auch finanziell zu unterstützen. Halterns Altherrenmannschaft freut sich schon, dass Sie demnächst mittrainieren wollen.
Ihr soziales Engagement beschränkt sich nicht auf die Jugendförderung beim Fußball: Sie haben Ihre Popularität genutzt, um sich für den Verein Herzenswünsche in Münster, eine Schuldnerberatung in Dortmund und eine Initiative gegen Kinderprostitution stark zu machen. Bereits mit 26 Jahren haben Sie eine Stiftung gegründet, die heute mehr als ein Duzend Hilfsprojekte im Ruhrgebiet und anderen Regionen Deutschlands vorwärts bringt. Damit tun Sie viel gegen die Kinderarmut und die Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher: Weil Sie etwas von Ihrem „Glück im Leben“ zurückgeben wollen, verteilen die von der Stiftung unterstützten Initiativen kostenlose Mahlzeiten, organisieren Hausaufgabenbetreuung, Lernförderung und Freizeitangebote wie Tanz- und Boxunterricht, bekommen junge Migranten ein Zuhause. Weil es Sie berührt, dass in unserem reichen Land junge Leute ohne Schulabschluss bleiben, können sie in einer Schule auf Rädern ihren Hauptschulabschluss nachholen oder sich bei Berufsfindung und Ausbildungsplatzsuche beraten lassen.
Die Bandbreite ist enorm! Zunächst schien mir die Vielzahl der Projekte und -partnerschaften verwirrend; die Frage lag nahe, ob Sie sich damit nicht verzetteln, ob nicht weniger mehr wäre. Auf der anderen Seite aber scheinen Sie voll den Überblick zu haben und alle Projekte sehr genau zu kennen. So sind Sie nicht nur als erfolgreicher Fußballer ein würdiges Vorbild, sondern auch in Ihrem Einsatz für andere, für die Benachteiligten in unserer Gesellschaft!

Mit freundlichen Grüßen,
Clemens Behr
Redaktion NEUE STADT

Unser offener Brief wendet sich an Christoph Metzelder (32), der zum 1. Juli nach 13 Jahren seine Fußballkarriere beendet. Der Verteidiger stand bei Borussia Dortmund, Real Madrid und Schalke 04 unter Vertrag und war von 2001 bis 2008 deutscher Nationalspieler. Metzelder will sich künftig stärker sozialen Projekten und seinem Heimatverein TuS Haltern widmen.
www.metzelder-stiftung.de

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juli/August 2013)
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