16. Juli 2014

„Original Unverpackt“

Von nst1

Ein neuer Supermarkt, der ohne Verpackungsmüll auskommt.

Saft in Tetrapacks, Mais in Blechdosen, frisches Gemüse in Zellophanfolie: Alles, was wir im Supermarkt einkaufen, ist verpackt. Die Verpackungen wandern nach Gebrauch in den Müll. Viele sind überflüssig, aber aus wertvollen Rohstoffen unter hohem Energieverbrauch hergestellt. Über eine halbe Tonne Abfall hinterlässt jeder Mensch im Durchschnitt pro Jahr. Mit einer neuen Geschäftsidee wollen Sara Wolf und Milena Glimbovski in Berlin zur Müllvermeidung beitragen: Im August soll in Kreuzberg „Original Unverpackt“ öffnen, der erste Supermarkt Deutschlands, der völlig ohne Einwegverpackungen auskommt.

In dem Geschäft wird die Ware – Pasta, Erbsen, Nüsse, Bonbons, Mehl – in „Bulk Bins“ genannten Behältern aufbewahrt. Der Kunde bringt seine eigenen Gefäße mit, wiegt sie leer ab und befüllt sie mit der Ware, die er kaufen möchte. Da er die Menge selbst bestimmen kann, wird er – so die Hoffnung – weniger Lebensmittel wegwerfen als bisher. Getränke und Flüssigkeiten werden in Mehrweggläsern verkauft. Auch Gewürze und Drogerieartikel zum Nachfüllen sollen im Sortiment sein. Spontankunden, die keine Behältnisse dabeihaben, können sie sich im Laden leihen oder dort recycelte Papiertüten bekommen.

Über ein Jahr haben die beiden 30 und 24 Jahre alten Unternehmerinnen mit einem Team von Mitarbeiterinnen geplant, recherchiert, Hersteller besucht, Produkte probiert. Sie legen Wert darauf, dass die Erzeugnisse aus der Region kommen und schon in der kompletten Lieferkette vom Erzeuger an Müll vermieden wird. Sara Wolf und Milena Glimbovski wollen gewährleisten, dass der verpackungslose Verkauf nicht zu Lasten hygienischer Bedingungen geht. Bei der Entwicklung des Projekts haben sie daher eng mit dem Gesundheitsamt zusammengearbeitet.

„Original Unverpackt“ hat Vorläufer, zum Beispiel „Lunzers Maß-Greißlerei“ in Wien und „Unpackaged“ in London: Dort haben sich die beiden Gründerinnen Anregungen geholt. Davon, dass „Unpackaged“ vor Kurzem dicht gemacht hat, lassen sie sich nicht beirren. Sie hoffen, dass viele Verbraucher bereit sind, ihre Einkaufsgewohnheiten umzustellen. Ihr Projekt bekommt Unterstützung aus der Bevölkerung: Per Crowdfunding haben sie innerhalb von fünf Wochen über 100 000 Euro eingenommen, mehr als für die Eröffnung des Supermarkts nötig. Mit dem Überschuss wollen die beiden das Konzept weiterentwickeln und weitere Geschäfte planen. Denn sie haben ein ehrgeiziges Ziel: Im ganzen Land sollen Supermärkte entstehen, die auf Verpackungen verzichten. Dafür haben sie in einigen Städten schon Partner gefunden.
Clemens Behr

www.original-unverpackt.de
www.startnext.de/original-unverpackt
www.mass-greisslerei.at

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juli/August 2014)
Ihre Meinung ist uns wichtig, schreiben Sie uns! Anschrift und E-Mail finden Sie unter Kontakt.
(c) Alle Rechte bei Verlag Neue Stadt, München