10. Juni 2015

Rekord mit Vorbildfunktion

Von nst1

Costa Rica versorgt sich zu 100 Prozent aus Ökostrom.

Dass ein ganzes Land zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgt werden kann, hat Costa Rica jetzt bewiesen. Als erstes Land der Welt hat das Land der „reichen Küste“ seinen Strombedarf über fast drei Monate ausschließlich aus Erneuerbaren gedeckt. Zu verdanken hat das Land den Rekord nach Angaben des nationalen Instituts für Elektrizität (ICE) vor allem den starken Regenfällen zu Jahresbeginn. Sie hatten die vier Stauseen gefüllt; die Wasserkraftwerke arbeiteten mit maximaler Kapazität und deckten 68 Prozent der nationalen Energieerzeugung. Der Rest kam aufgrund der vielen Vulkane vor allem aus Geothermie (15 Prozent) und einem Mix aus Windkraft, Biomasse und Sonnenenergie.

Durch die Energieversorgung aus den günstigen Erneuerbaren sind die Stromkosten für Verbraucher deutlich gesunken. Laut Angaben des Internationalen Wettbewerbsindex verfügen 99,4 Prozent aller Haushalte in Costa Rica über einen Stromanschluss. Damit liegt das Land nach Uruguay auf Platz 2 in Lateinamerika. Der durchschnittliche Stromverbrauch pro Haushalt ist etwa halb so hoch wie in einem deutschen.

Laut einer Studie der Natur- und Umweltschutzorganisation World Wildlife Fund (WWF) wurden in Costa Rica zwischen 2006 und 2013 1,7 Milliarden US-Dollar in den Erneuerbare-Energien-Sektor investiert. Im „Global Green Economy Index 2014“ rangiert es nach Schweden und Norwegen an dritter Stelle der umweltfreundlichsten Staaten. Die Regierung hatte sich erst für das Jahr 2021 eine 100-prozentige ökologische Stromerzeugung zum Ziel gesetzt. Aber bereits im Jahr 2013 wurden 87, im Jahr 2014 rund 94 Prozent des Bedarfs durch Ökostrom gedeckt. Das Land nutze seine erneuerbaren Energiequellen „planvoll und ausgeglichen“, erklärte  Carlos Obregón, Präsident des ICE, „in einer diversifizierten, nachhaltigen, optimierten und ökonomischen Weise, die eine qualitativ hochwertige Versorgung unter Teilnahme des öffentlichen und privaten Sektors garantiert.“

Der WWF bezeichnete  dies als „inspirierendes Modell für andere Länder“ und stellt insbesondere die Vielfalt der Stromversorgung positiv heraus. Dies sei besonders wichtig, da Staudämme ein kontrovers diskutiertes Thema sind. So sollen für den vom ICE geplanten Staudamm El Diquis 7 000 Hektar Regenwald überflutet werden. Gegen das Megaprojekt und die damit verbundene Zwangsumsiedlung und Vertreibung von ihrem Gebiet protestieren seit Jahren Terraba-Indigene.

Neben Costa Rica sind auch einige seiner Nachbarländer auf einem guten Weg, eine vollständige regenerative Energieversorgung zu erreichen. Vor allem Panama hat gute Chancen, in naher Zukunft mit Costa Rica gleichzuziehen. Bereits heute kommt 60 Prozent des dort konsumierten Stroms aus der Wasserkraft. Auch Nicaragua deckt mittlerweile etwa die Hälfte seines Energiebedarfs durch die Erneuerbaren und hat sich zum Ziel gesetzt, in naher Zukunft die 90-Prozent-Marke zu übertreffen.
Gabi Ballweg

 

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juni 2015)
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