16. Dezember 2015

Steter Tropfen

Von nst1

Initiativen der Fokolar-Bewegung im Bereich Klima- und Umweltschutz

Trotz der Anschläge vom 13. November soll vom 30. November bis 11. Dezember in Paris der UN-Klimagipfel stattfinden. Parallel dazu hatten Nicht-Regierungsorganisationen ein vielfältiges Begleitprogramm geplant. Zu Redaktionsschluss scheint es, als würde Frankreich den Gipfel auf die Kernverhandlungen beschränken. Demonstrationen sowie Konzerte und Feiern rund um das Treffen würden höchstwahrscheinlich abgesagt, kündigte Ministerpräsident Manuel Valls am 16. November an. Unter den Organisationen, die den politisch Verantwortlichen ihre Sorgen um und ihren Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung vor Augen führen wollten, war auch die Fokolar-Bewegung. Einblicke in Initiativen der geistlichen Gemeinschaft im Bereich Umweltschutz.

EcoOne – internationale Plattform
Dozenten, Forscher und im Bereich des Umweltschutzes Tätige aus dem Umfeld der Bewegung haben sich in der Plattform „EcoOne“ zusammengeschlossen. Frauen und Männer aller Altersstufen, Kulturen und Religionen arbeiten in diesem Netzwerk an der Lösung von Umweltfragen. Die Internationalität und die unterschiedlichen Kultur- und Erfahrungshorizonte betrachten sie als Chance und Herausforderung gleichermaßen. Dem noch jungen Netzwerk geht es in einem ersten Schritt um eine den heutigen Gegebenheiten angepasste Beziehung zwischen Mensch und Natur.

Viele kleine Schritte bewirken viel!
Nach diesem Prinzip arbeiten etwa die Tagungshäuser der Fokolare in Deutschland, Österreich und der Schweiz. So heißt es auf der Homepage des Tagungshauses Begegnungszentrum Ottmaring 1): „Wir sind überzeugt, dass nachhaltiges Wirtschaften und umweltverträgliches Arbeiten langfristig die einzig richtige Basis für ein Tagungshaus in christlicher Trägerschaft ist… Arbeitsabläufe zu verändern kostet kein Geld und wenig Mühe. Ebenso verhält es sich mit der Auswahl von Lieferanten und Geschäftspartnern.“ Das Haus wurde 2009 nach EMAS 2) validiert.
Im Seminarzentrum „Am Spiegeln“ in Wien bemühte man sich seit der Bauplanung darum, Mensch und Umwelt ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Bei den Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen im April 2014 stellte man die ökologischen Maßnahmen vor. Das Haus war im Rahmen des ÖkoBusinessPlans der Stadt Wien ausgezeichnet worden und hatte das „Österreichische Umweltzeichen“ bekommen. Konkret setzt man sich laut Homepage 3) ein für einen sparsamen Verbrauch von natürlichen Ressourcen wie Wasser und Energie; für ein durchdachtes Konzept der Abfallwirtschaft; für eine sparsame Dosierung von Wasch- und Reinigungsmitteln; für Lebensmittel aus der Region, wenn möglich aus biologischem Anbau. Generell gilt „Am Spiegeln“: So wenig Verpackung wie möglich – so regional wie möglich. „Es ist wichtig, auch die Gäste einzubinden“, erklären die Verantwortlichen, „wir wollen der Wegwerfgesellschaft etwas entgegensetzen, das dem Wohl der Gäste und dem Schutz der Umwelt dient.“

Umwelt-Würfel
Wirksamer Umweltschutz braucht politische Initiativen aber auch den Mentalitätswandel bei jedem Einzelnen. „Das Leben nach dem Evangelium lässt die Dinge nicht wie sie sind“, erklärte Fokolar-Präsidentin Maria Voce bei Begegnungen mit Umweltorganisationen. Es schafft eine neue Mentalität. Ein Umweltwürfel („Earth Cube“ 4) soll dabei helfen. Mit dem bisher nur in Englisch und Spanisch verfügbaren Würfel kann man sich täglich ein Umweltmotto würfeln: „We’re all connected“ erinnert an die weltweite Verbundenheit. „Discover amazing things“ regt an, den Blick für die Schönheit der Natur zu schärfen. „Everything is a gift“ lädt ein, alles als Geschenk zu entdecken. „Only what is needed“ sensibilisiert dafür, nur das zu verbrauchen, was man tatsächlich braucht. „Smile on the world“ animiert zur bewussten Freude an der Schöpfung. „Now is the time“ weckt das Bewusstsein, dass man nur im Hier und Jetzt handeln kann.

Interreligiöse Initiativen
Persönlichkeiten verschiedener Religionen – darunter auch Maria Voce – die in „Religions for Peace“ (früher: Weltkonferenz der Religionen für den Frieden) verbunden sind, starteten im Sommer eine weltweite Petition an ihre Staats- und Regierungschefs: Bis zum Jahr 2050 sollen weltweit ausschließlich erneuerbare Energien verwendet werden. 5)

Ganzheitliche Hilfsprojekte
Die weltweite Verbreitung der Bewegung rückt regionale Missstände ins Bewusstsein. So kann die Armut in Haiti nur besiegt werden, wenn auch die Umweltprobleme gelöst werden. Derzeit gibt es in dem ehemals reichen Land Tausende Menschen, die keinen Zugang zu Strom oder Gas haben. Für Brennholz wird Wald gerodet und der Klimawandel beschleunigt, Wüstenbildung und Wassermangel sind die Folge. Weil die Bevölkerung auch grünes Holz verbrennt, entstehen hochgiftige Dämpfe. Gemeinsam mit anderen Organisationen hat die Bewegung deshalb das Projekt „Solarkocher für Mont-Organizé“ entwickelt. Die Kocher sind mit einfacher Technologie ausgestattet, die man gut bedienen und warten kann. Das Projekt will Antwort auf Umwelt- und Ernährungsfragen sein und zur Gesundheitsvorsorge und Energieversorgung der Schwächsten der Gesellschaft beitragen.

Umweltschutz im Amazonas
Abaetetuba im Amazonasgebiet, in einer Region, in der sich in den 80er-Jahren große Industrien und Bergwerke angesiedelt haben. Viele haben damals auf der Suche nach Wohlstand ihre Dörfer verlassen und sind in die Städte gezogen. Die Fabriken haben die Umwelt weitgehend zerstört, zunächst mit der unkontrollierten Rodung und fehlenden Anbauflächen. Dann verseuchten die Industrieabwässer die Flüsse, sodass auch Fische und Flusskrebse als Nahrungsquelle wegfielen. Die hohe Luftverschmutzung führte zu einer fast vollständigen Ausrottung der typischen Obstplantagen.
Was tun? Welches Erbe wollten sie ihren Kindern hinterlassen? Raimundo und Edilene (seit 28 Jahren verheiratet, drei Kinder und drei Enkelkinder) stellten sich zusammen mit anderen Familien diese Frage. Beruflich hatten sie nichts mit Umweltschutz zu tun. Dennoch informierten sie sich. Gemeinsam trafen sie dann die Entscheidung: Mit ihren Ersparnissen verwandelten sie ein 34 Hektar großes Weideland in eine Obstplantage. Dabei bevorzugten sie die typischen Bäume der Region, die bereits am Aussterben waren. – Heute gibt es dort 166 verschiedene einheimische Obstsorten und zwei Obstsorten afrikanischen Ursprungs. Die Plantage wird oft von Forschern und Umweltexperten besucht, aber auch von Künstlern, Bischöfen, vor allem von Jugendlichen. Auf ihrer Website geben die Familien Interessierten Unterricht in nachhaltigem Umweltschutz, theoretisch und praktisch!
Gabi Ballweg

1) bz-ottmaring.de
2) EMAS ist ein freiwilliges Instrument der Europäischen Union, das Unternehmen und Organisationen jeder Größe und Branche dabei unterstützt, ihre Umweltleistung kontinuierlich zu verbessern.
3) amspiegeln.at
4) theearthcube.org
5) faithsforearth.org

 

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Dezember 2015)
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