18. Mai 2016

Die neue Mitte

Von nst1

Was ist an Pfingsten passiert? Wie können wir das ursprüngliche Ereignis verstehen?

Den Christen zeigt sich Gott in der Dreifaltigkeit: Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist. Vater und Sohn sind eindeutige Begriffe. Geist jedoch kann ein unsichtbares Wesen sein, mit dem Denkvermögen zu tun haben: ein großer Geist, oder Gesinnung bedeuten: Wes Geistes Kind bist du?

Wir müssen an die Quelle, um den Begriff richtig zu verstehen: Apostelgeschichte, Kapitel 2. Wer aufmerksam liest, begreift, dass Pfingsten kein intellektueller Vorgang war. Man kann Pfingsten nur verstehen, wenn man es erfährt. Weil die ersten Christen es erlebt haben, konnten sie davon berichten. Juden aus allen Ländern waren gekommen, um das Schawuotfest 1 zu feiern. Viele konnten kein Aramäisch. Jeder brachte seine Sprache und Tradition mit: Man verstand einander nicht. Doch die Apostel predigten und alle verstanden, weil Heimatsprache und Traditionen in den Hintergrund traten. In den Vordergrund trat das Neue: Jesus Christus. Keiner verlor seine Identität, aber alle gewannen eine neue Mitte: Jesus Christus.

Das Wunder von Pfingsten: Tausende Individuen wurden eine Einheit, verstanden einander, weil sie eine gemeinsame Mitte hatten. Das war die Wirkkraft des Heiligen Geistes 2. Sie ist bis heute zu erleben.

Im Gespräch zwischen den Konfessionen spüre ich Verbindendes wie schmerzhaft Trennendes. Aber auch, wenn wir eine gemeinsame Mitte haben, Jesus, dass wir im kleinen oder größeren Kreis ein Herz und eine Seele sind. Ich bleibe evangelischer Pastor und der andere bleibt katholisch, aber Christus schmiedet uns zu einer Einheit in ihm. Wo das geschieht, leuchtet die Kraft des Heiligen Geistes. Für mich ist Pfingsten – trotz aller Zerrissenheit – das Fest der Einheit.
Jörg Schlüter

1) Wochenfest, sieben Wochen nach dem Passah-Fest
2) Apostelgeschichte 1,8

 

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Mai 2016)
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