17. November 2016

Vertrauen und Mitarbeit

Von nst1

Was verstehen Christen unter „ göttlicher Vorsehung “?

Mir scheint, was Christus im Neuen Testament sagt: „Sorgt euch nicht. Seht auf die Vögel: Gott ernährt sie. Euer Vater weiß, dass ihr das alles braucht.” 1, das erfüllt sich in ganz normalen Begebenheiten. Christen haben dann im Alltag den Eindruck, geführt, behütet, beglückt zu sein.

Häufig haben sie sich zuvor am Morgen Christus übereignet, ihm die Regie über den Tag überlassen. Darauf würde ich jedenfalls Überraschungen zurückführen – wie ungeplante Ereignisse; Begegnungen; ein Telefonanruf; ein Gebet, das in einem aufsteigt; eine Idee, wie man für jemanden da sein oder auf ein Problem antworten kann. Diese Erlebnisse kann ich mit Gott in Verbindung bringen. Sie werden zur Offenbarung einer tieferen Wirklichkeit, die hinter dem Vordergründigen aufscheint.

Ihm die Führung anzuvertrauen bedeutet keinesfalls, passiv zu bleiben, sondern spornt mich an, meinen Teil beizusteuern. Ich denke an einen älter werdenden Menschen, der sich fragt: Wo gehe ich hin, wenn ich einmal nicht mehr kann? Ob ins Pflegeheim, betreute Wohnen oder zu den Kindern: Er stellt sich seiner Zukunft, plant, bespricht und leitet in die Wege. In Erwartung von Gottes Eingreifen die Hände in den Schoß zu legen, empfände ich als schräges Verständnis von Vorsehung.

„Sich von Gott getragen fühlen in jeder Situation und in allen Umständen“, so versteht meine Nachbarin Vorsehung. Für einen guten Freund ist sie die „Glaubensgewissheit: Gott liebt uns. Wenn sie ganz zu unserem Leben gehört, werden wir unsere Alltagserfahrungen so auswerten, dass wir darin seine Liebe finden. Wir können also selbst Bestandteil der Vorsehung sein. Es adelt uns Menschen, daran mitwirken zu können, dass in unserer Umgebung der Glaube entstehen und wachsen kann: Gott liebt mich.“
Martin Gögler

1) s. Lukas 12,22-30

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, November 2016)
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