10. April 2009

Eine Gabe für die Welt

Von nst_xy

Der erste Todestag von Chiara Lubich, der Gründerin der Fokolar-Bewegung, war vielerorts Anlass zur Standortbestimmung. Bei verschiedenen Veranstaltungen äußerten sich auch Freunde der Fokolar-Bewegung, so beispielsweise Vertreter anderer Bewegungen in München.

In der evangelischen Kirche St. Matthäus in München herrscht eine gesammelte Atmosphäre. Fast zwei Stunden sind die 600 Personen schon zusammen. Jetzt stehen sie und lauschen den Worten aus dem Johannesevangelium. Brigitte Pischner, eine evangelische Fokolarin, und Pater Hans Schalk, ein mit der Bewegung verbundener Redemptorist, tragen jenen Abschnitt aus dem 17. Kapitel vor, den Chiara Lubich, die Gründerin der Fokolar-Bewegung, oft als die Magna Charta ihrer Bewegung bezeichnet hatte.

Am 14. März, dem ersten Todestag von Chiara Lubich, hatte die Foko­lar-Bewegung in München – wie an vielen anderen Orten in Deutsch­land, Österreich und der Schweiz – zu einer Feier eingeladen.

In die Matthäuskirche waren dazu auch viele Freunde aus anderen christlichen Bewegungen und Gemeinschaften gekommen. Ihre freundschaftliche Verbundenheit mit der Fokolar-Bewegung hatten im Lauf des Abends stellvertretend Thomas Römer, Leiter des CVJM München, und Pater Michael Marmann, langjähriger Vorsitzender der Schönstatt-Bewegung, be­zeugt.
Beide gehören zum Trägerkreis der Initiative „Miteinander für Europa”, einem Netzwerk von christlichen Bewegungen und Ge­meinschaften, das sich seit 1999 gebildet hat. In einem lebendigen Dialog berichteten die beiden von verschiedenen Stationen der Weg­gemeinschaft, die sie in dieser Zeit mit der Fokolar-Gründerin erlebt hatten. So kennzeichnete Michael Marmann seine erste Begegnung mit Chiara Lubich auf dem Peters­platz in Rom an Pfingsten 1998 folgendermaßen: „Sie sprach ita­lienisch, ich englisch. Trotzdem verstanden wir uns. Ich habe mich angenommen gefühlt.” Von einem späteren Besuch Lubichs in Schönstatt, bei dem sie im Vor­feld den Wunsch geäußert habe, sie wolle „die Seele Schönstatts kennenlernen”, sagte Marmann: „Wir fragten uns überrascht, was denn die Seele Schönstatts sei. Sie forderte uns heraus, den Kern un­serer Spiritualität neu in den Blick zu nehmen.”
Thomas Römer hingegen er­innerte sich an eine Begegnung 2001 in Rothenburg. Damals war die Fokolar-Gründerin beim jährlichen „Treffen von Verant­wortlichen” zu Gast gewesen. Sie hatte über den gekreuzigten und verlassenen Jesus gesprochen. „In meinem Leben hat immer schon der Satz ,Der am Kreuz ist meine große Liebe.’ eine wichtige Rolle gespielt.”, so der Pfarrer und CVJM-Verantwortliche. Das, was Chiara Lubich damals einbrachte, habe die anschließende Befreun­dung unter den Gemeinschaften entscheidend geprägt: „Das war eine Botschaft, die für die ganze Kirche gilt!”

Zurück in die Matthäuskirche: In der Sammlung finden die Worte aus dem Johannesevangelium ein großes Echo in den Anwesenden, und sie klingen nach – nicht nur in dem anschließenden Fürbitt-Ruf der Band, in den alle einstimmen: „Vater, mach uns eins!”

Danach treten Thomas Römer und Michael Marmann noch einmal an das Mikrofon. „Seid diesem Cha­risma treu! Seid die, die ihr sein sollt!” Mit diesem eindringlichen, fast flehentlichen Aufruf wendet Römer sich an die Mitglieder und Freunde der Fokolar-Bewegung. Und indem er sich auf die voran­gegangenen Beiträge bezieht, die das Erbe der Fokolar-Gründerin beleuchtet hatten, ruft er den An­wesenden zu: „Sie hat das nicht allein gelebt! Es ist eine Gabe für die Welt. Deshalb bitte ich euch, unsere Freunde aus der Fokolar-Bewegung, empfangt Jesus in euren Herzen! Hört auf das, was er euch jetzt sagt! Und lebt in eurer Gemeinschaft jenen Bund der ge­genseitigen Liebe!”
In der Matthäuskirche ist es jetzt noch stiller geworden. Römer fährt fort: „Nur so können auch wir die Hoffnung haben, dass das Charisma Chiaras weiter geht und weiter wirkt!” Und wie es in einer Freundschaft typisch ist, belässt er es nicht bei der Aufforderung. Im Namen der anwesenden Freunde aus den anderen Gemeinschaften verspricht er: „Wir wollen in dieser Weggemeinschaft mit euch weiter­gehen! Dafür segnen wir euch!”
Gabi Ballweg

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, April 2009)
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