14. Dezember 2012

Nicht große Aktionen, sondern kleine Gesten der Liebe!

Von nst1

Botschaft der Fokolar-Präsidentin Maria Emmaus Voce an die Jugendlichen beim Jugendfestival “Let´s Bridge” in Budapest

“Liebe Jugendliche,

das Erste, was mir kommt, ist euch DANKE zu sagen.

Danke, dass ihr aus allen Winkeln des Planeten gekommen seid, um gemeinsam Brücken der Geschwisterlichkeit und des Friedens zu bauen!

Danke, dass ihr Unannehmlichkeiten und Opfer auf euch genommen habt, um euch und allen zu beweisen, dass die Jugendlichen fähig sind, sich für ein lohnendes Ziel voll und ganz einzubringen.

Aber wer bin ich, dass ich euch etwas zu sagen hätte? Ich hätte wirklich nicht den Mut, den Mund aufzutun, würde ich nicht spüren, dass ich im Namen dieses großen Ideals der weltweiten Geschwisterlichkeit zu euch sprechen kann. Ich habe es mir ganz zu eigen gemacht, als ich in eurem Alter war. Und heute – inzwischen mit weißen Haaren – finde ich, dass es mehr denn je lebendig, unheimlich stark und eine echte Herausforderung ist.

Auf meinen Reisen in verschiedene Teile der Welt habe ich Jugendliche von gestern und von heute kennengelernt. Ich musste feststellen, dass sich die Lebensumstände stark verändert haben und viele Sicherheiten in die Brüche gegangen sind. Ich habe gesehen, wie hart es ist, keine Arbeit zu finden, wie schwierig, wenn Möglichkeiten fehlen, sich zu treffen, außer im dröhnenden Lärm der Diskotheken oder bei verrückten Motorradrennen… Es scheint unmöglich, etwas zu finden, das wirklich trägt. Ich habe festgestellt, dass eine Generation heranwächst, die Angst hat: Angst, sich zu täuschen und enttäuscht zu werden; Angst, etwas von sich selber zu geben und leer auszugehen; Angst, mitten in der Menge allein zu bleiben.

Doch ich bin auch zahlreichen Jugendlichen begegnet, darunter vielen von euch, die trotz allem wissen, dass man sich für den Aufbau einer geeinteren Welt vor allem selbst ändern und deshalb radikale Entscheidungen treffen muss. Und sie tun es. Sie entdecken einander als Geschwister, die füreinander da sind, miteinander solidarisch sind und gerade wegen ihrer Verschiedenheit echte Freundschaftsbeziehungen aufbauen. Sie finden Lösungen für schwierige Situationen. Sie verändern die Atmosphäre in ihrem Umfeld und gehen dabei aus von den kleinen Gesten des Alltags, von der Verantwortung, die sie übernehmen, dem jeweiligen Ja oder Nein, zu dem sie Tag für Tag fähig sind. Das ist die Generation, die mir heute am Herzen liegt und der ich helfen möchte, den Blick nach oben zu richten.

Ja, schaut nach oben. Dort findet ihr sicheren Halt. Schaut auf die Liebe, die Gott ist. Er ist der Einzige, der euch nicht enttäuscht. In schönen und in schwierigen Situationen gibt er allein eurem Leben Bestand. Dann mögen auch Stürme kommen, doch sie bringen keinen ins Wanken, der sich entschlossen hat, auf Gott zu setzen, sich in ihm zu verankern. Sucht die Dinge und die Welt mit seinen Augen zu sehen! Dann werdet ihr starke Pfeiler für neue Brücken, auf denen man sich sicher und froh bewegen kann. Und viele andere werden mit euch gehen.

Und: Habt keine Angst! Seid einfach ihr selbst und bringt euch in der Gesellschaft ein. Stellt eure Persönlichkeit, Kompetenz und Talente Großen und Kleinen zur Verfügung. Euer Beitrag ist einzigartig, unwiederholbar und anders als der der Erwachsenen. Ich, wir, die Generation vor euch, hat Vertrauen in euch, in das, was ihr seid und was ihr tut. Habt auch ihr dieses Vertrauen!

Die Probleme der Welt, die uns umgibt, sind Anfragen an uns: das Verlangen nach Gerechtigkeit, nach Wahrheit, nach Liebe … Sucht in den Idealen, die euch heute überzeugt haben, und in der Kraft, die ihr heute erfahren habt, die Lösungen. Und bietet sie großzügig an, indem ihr alles daransetzt, die großartigen Projekte, die ihr vorgeschlagen habt, zu verwirklichen.

Jetzt seid ihr gerufen, euch für etwas unglaublich Großes einzusetzen und etwas Unsterbliches zu hinterlassen.

Tretet deshalb sofort in Aktion, fangt an, ohne abzuwarten und ohne euch aufhalten zu lassen.

Das Genfest ist etwas sehr Schönes und Großes, aber es ist klein gegenüber den Bedürfnissen der Menschheit. Was sind schon 12 000 angesichts rund zwei Milliarden Jugendlichen auf der Welt? Und doch: Wenn sich das Herz der hier Anwesenden verwandelt, beginnt die Welt, sich zu verändern. Das Herz verwandelt sich, wenn es sich ergreifen lässt von dem einzigen Wert, den alle Jugendlichen auf jedem Breitengrad als den wichtigsten anerkennen: der Liebe. Fangt deshalb an, konkret zu lieben!

Der erste Schritt sind nicht die großen Aktionen, sondern die kleinen Gesten der Liebe. Sie geben dem Leben Bedeutung und haben die Macht, die Welt zu verändern. Denkt nicht, wer weiß was tun zu müssen, sucht einfach dem Menschen nahe zu sein, der euch jeweils begegnet. Das heißt, der Kassiererin im Supermarkt in der Haltung der Liebe zu begegnen; sich um den Bedürftigen zu kümmern, der etwas von uns erbittet; lernen, das Bett zu machen, aus Liebe zu unserem Zimmerkollegen; das Geschirr zu spülen aus Liebe zu dem, der später essen wird …

Lasst nicht zu, dass die heute gebauten Brücken nachgeben! Die erste Brücke ist unter euch allen hier gebaut worden. Ihr habt ein gewisses Niveau erreicht und wollt sicher nicht dahinter zurück. Ihr habt miteinander ein Stück geeinte Welt aufgebaut. Nun trägt jeder die Kraft dieser Erfahrung in sich, egal, ob er schon vorher mitgemacht hat oder erst heute damit in Berührung gekommen ist. Jetzt beginnt etwas Neues.

So kann von dieser Sportarena ein Strom von Liebe ausgehen.

Maximilian Kolbe – ein großer Zeuge der Liebe, der im Konzentrationslager anstelle eines Mitgefangenen in den Tod gegangen ist – erklärte: „Nur die Liebe ist kreativ.“

Und Chiara Lubich hat uns immer wieder gesagt, dass es „in der Welt ein Mehr an Liebe braucht. Und das sollen wir einbringen.“

Mut also! Machen wir uns miteinander an dieses großartige Abenteuer!”

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Oktober 2012)
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