13. April 2015

Zum anderen aufschauen

Von nst1

Buber-Rosenzweig-Medaille 2015 geht an den Theologen Hanspeter Heinz und den ZdK-Gesprächskreis „Juden und Christen“.

„Etwas ganz anderes und viel Größeres als ein Dialog auf Augenhöhe ist eine Begegnung, in der einer zum anderen aufschaut, ihn höher achtet als sich selbst.“ Mit diesen Worten fasst der diesjährige Preisträger der Buber-Rosenzweig-Medaille, Hanspeter Heinz, seine Erfahrung im christlich-jüdischen Dialog zusammen. Der Pastoraltheologe spricht beim Festakt am 7. März in Ludwigshafen sogar von „Fremdprophetie“, genau diese Erfahrung habe er oft mit jüdischen Freunden und Freundinnen gemacht: „Durch sie hat Gott mich Neues hören lassen, was ich in meiner eigenen Kirche und aus ihrer Geschichte bisher nicht gehört habe, was mir fehlte und mich jetzt bereichert.“

Der 75-jährige Augsburger Theologe hat die Auszeichnung zu Beginn der diesjährigen „Woche der Brüderlichkeit“ zusammen mit dem Gesprächskreis „Juden und Christen“ beim Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) entgegengenommen. Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, sagte in der Laudatio, Heinz und der Gesprächskreis hätten durch ihre Impulse zum christlich-jüdischen Dialog Wegmarken gesetzt. In keinem anderen Gremium kämen Katholiken und Juden regelmäßig in dieser Dichte zum Austausch zusammen.

Auch Landesrabbiner Henry G. Brandt, jüdischer Präsident des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR), unterstrich in der „Jüdischen Allgemeinen“: „Dieser Gesprächskreis ist weltweit so gut wie einmalig. Hier wird auf hoher intellektueller Ebene gleichwertig mit jüdischen und christlichen Wissenschaftlern und Theologen gearbeitet.“ Weiter sagt Brandt über den Preisträger: „Er hat diesen Kreis jahrzehntelang brillant geleitet, ohne irgendjemanden zu verletzen … Er hat keine Angst anzuecken, und er ist ein Mensch mit einem enorm großen Herz, der besonders für die Schwachen da ist.“

Das Gespräch mit den „älteren Geschwistern im Glauben“ ist Hanspeter Heinz nach eigenen Aussagen ein Herzensanliegen. Er sei „stolz“ auf den Gesprächskreis und habe den Vortrag zur Preisverleihung „zwar selbst, aber nicht allein“ konzipiert: Die vorgetragenen Ideen und Thesen hatte er vorab im Gesprächskreis diskutiert. Sie wirkten fast wie eine Art Vermächtnis.

In zahlreichen Artikeln, Büchern und Zeitschriften hat Heinz sich über viele Jahre hinweg – auch auf internationaler Ebene – mit Themen der jüdisch-christlichen Beziehungen beschäftigt. Seit 1974 leitet er den Gesprächskreis „Juden und Christen“ beim ZdK. Persönlichkeiten aus Lehre und Forschung, orthodoxe und liberale Rabbiner, Laien und Priester – 17 Christinnen und Christen und 15 Jüdinnen und Juden – erarbeiteten darin theologische Positionen und viel beachtete Stellungnahmen, wie eine Erklärung von 1988 „Nach 50 Jahren – wie reden von Leid, Schuld und Versöhnung?“, die kritische Stellungnahme 2007 zur Revision des Karfreitagsgebets durch Papst Benedikt XVI. oder die 2009 erschienene Erklärung „Nein zur Judenmission – Ja zum Dialog zwischen Juden und Christen“.

Mit der Buber-Rosenzweig-Medaille zeichnet der DKR seit 1968 jährlich Personen, Institutionen oder Initiativen aus, die sich insbesondere um die Verständigung zwischen Christen und Juden verdient gemacht und im wissenschaftlichen, künstlerischen, politischen oder sozialen Bereich einen Beitrag für die christlich-jüdische Zusammenarbeit geleistet haben. Der undotierte Preis ist nach den jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929) benannt.
Gabi Ballweg

Reden und Infos: www.deutscher-koordinierungsrat.de/wdb-service-2015

 

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, April 2015)
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