10. Juni 2015

Das sprechende Smartphone

Von nst1

Brettspiele mit elektronischem Spielleiter

„Smart Play“ von Ravensburger verbindet klassische Brettspiele mit einer speziellen App für Smartphones 1). Der Spieleverlag verspricht, dass die App das Lesen einer Spielanleitung überflüssig macht: Ein Erzähler erklärt im laufenden Spiel alle relevanten Spielzüge. Diese Methode soll ein sofortiges Losspielen ermöglichen, sofern die App vorher installiert wurde. Die verfügbaren Spiele werden jeweils in zwei Versionen angeboten: mit und ohne Smartphone-Halterung. Das Stativ besteht aus einer relativ schweren Bodenplatte, in die eine zerlegbare Aluminiumstange eingesetzt wird, um eine Halterung für Smartphones im optimalen Abstand zur Spielfläche zu positionieren. Das Spielfeld wird durch die erforderliche Handykamera ständig auf Veränderungen überprüft. Dafür ist nach unserer Erfahrung eine sehr gute Beleuchtung nötig.

Für dieses System werden aktuell drei Spiele angeboten für jeweils ein bis vier Spieler ab acht Jahren: das Quizspiel „YES or kNOw“, das kooperative Labyrinthspiel „Das magische Museum“ sowie das Abenteuerspiel „King Arthur“.

Das Spielen mit einem Smartphone als Spielleiter bringt Vorteile, aber auch Nachteile mit sich. Zumeist waren Brettspiele bisher nicht für einzelne Spieler vorgesehen. Mit dem Smartphone als „Mitspieler“ eignen sie sich nun auch für einsame Stunden. Die Geschichten im Spiel werden durch Musik und Geräusche lebendiger, Ereignisse  passend atmosphärisch untermalt. In der App können Spieldauer und verschiedene Schwierigkeitsstufen angepasst werden, was vor allem dem fairen Spiel unterschiedlicher Generationen dienen soll. Bei (unerwartet) langem Spiel kann der Spielstand jederzeit gespeichert werden. Um den Spaß an der Wiederaufnahme des Spiels zu erhöhen, sind Zufallselemente enthalten, die bis zur Aktivierung nur der App bekannt sind. So werden beim Spielen Trophäen erspielt, die zusätzliche Spielinhalte freischalten können.

Die Einleitung in die jeweiligen Spielregeln über Einführungsspiele funktioniert gut; bei komplexeren Sachverhalten empfinden wir die dennoch mitgelieferte Spielanleitung als sehr hilfreich. Allerdings verhindern die zum Teil langen und sich teilweise im Spielverlauf wiederholenden Sprechertexte einen schnellen Spielfluß. „Smart Play“ erkennt nur Veränderungen auf dem Spielbrett, nicht aber, ob geschummelt wird oder eine ausgeführte Aktion regelkonform ist. Die App scheint nicht ganz stabil zu sein: Gelegentlich beendet sie sich beim Spielen selbst.

Das Erstellen und Pflegen der App, die Anpassungen der Spiele und nicht zuletzt die hochwertige Smartphone-Halterung haben ihren Preis: Ein Starter-Set (ein Spiel plus Halterung) kostet rund 50 Euro; aber auch ein Spiel ohne Halterung ist mit etwa 40 Euro im Verhältnis zu „normalen“ Brettspielen relativ teuer. – Insgesamt ist „Smart Play“ eine innovative und mutige Entwicklung, die Potenzial für spannende Spielstunden hat und auf weitere Spiele gespannt sein lässt.
E. D. H.

1) iPhone, Android; nur zugelassene Handys erlaubt

 

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juni 2015)
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