20. Juli 2016

Jede Lebensphase hat eigene Herausforderungen.

Von nst1

Was kann mir helfen, zu meiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit zu stehen?

„Früher ging mir alles so leicht von der Hand. Ich hatte einen dichten Terminkalender und funktionierte einfach“, erzählt mein Gesprächspartner. „Seit einiger Zeit spüre ich, dass ich schneller müde werde, Sorge habe, meine Aufgaben nicht zu schaffen, und alles als schwer und anstrengend erlebe.“

Seine Problemanzeige wirft Fragen auf: Weiß ich, wo meine Belastungsgrenzen liegen? Nehme ich sie wahr? Merke ich, wann mir etwas zu viel wird? Woran? Und wenn ja: Nehme ich diese Wahrnehmung auch ernst? Das heißt: Nehme ich mich ernst? Oder übergehe ich mich und mein Empfinden?

Denn genau das sind die Fallen: Wenn wir uns in den unterschiedlichen Lebenssituationen immer wieder „übergehen“, kommt es soweit, dass es irgendwann nicht mehr geht, dass sich unser Körper, unsere Gefühlswelt, die Emotionen melden und wir Angst, Unvermögen, Gelähmtsein erleben.

Uns selbst ernstnehmen bedeutet, die Tatsache akzeptieren, dass wir älter werden, unsere Leistungsfähigkeit abnimmt, die Spannkraft nachlässt und wir länger brauchen, um uns zu regenerieren. In diese Realität sind wir als Menschen gestellt. Das Leben ist ein Prozess, ein Weg, der Abschnitte hat. Klug ist es, um diese Phasen zu wissen. Jede Lebensphase stellt mich vor spezielle Aufgaben und Herausforderungen, die ich zu meistern eingeladen bin. Wenn ich mich diesen Aufgaben stelle, können sie Ausgangspunkt eines Reifungsschrittes werden. Es geht darum, gut im Hier und Jetzt zu leben, mein Alter, meine aktuelle Leistungsfähigkeit zu akzeptieren und anzuerkennen. Das schenkt mir eine neue Freiheit, innerhalb der altersbedingten Grenzen die Möglichkeiten, die ich habe, erfüllt und dankbar zu leben.
Ulrike Zachhuber

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juli/August 2016)
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