23. März 2017

Römische Verträge

Von nst5

Vor 60 Jahren, am 25. März 1957, haben Vertreter aus sechs Ländern Europas in Rom ein gewichtiges Vertragspaket unterzeichnet, die „ Römischen Verträge “. Worum ging es damals und welche Bedeutung haben sie für unseren Kontinent?

Wieso eigentlich „Verträge“?
In Rom wurden zwei Verträge geschlossen: Mit dem EWG-Vertrag wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet; daran gekoppelt war der Euratom-Vertrag zur Schaffung einer Europäischen Atomgemeinschaft.

Wie kam es dazu?
Es war vor allem die Einsicht der notwendigen Versöhnung und Zusammenarbeit in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Dabei gab es wegen des Kalten Krieges verstärkte Bemühungen um die Westintegration, mit bewusster Einbindung der Bundesrepublik Deutschland. Dies lag auch im Interesse der US-Außenpolitik.

Wer hat sie unterzeichnet?
Vertreter jener sechs Länder, die sich bereits 1951 in der Montanunion zusammengeschlossen hatten: Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Italien und die Benelux-Staaten.

Worum geht es in den Verträgen?
Der EWG-Vertrag zielte auf die Schaffung eines gemeinsamen Marktes mit freiem Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr. Weitere Bestrebungen waren unter anderem eine gemeinsame Handels-, Agrar- und Verkehrspolitik, die Angleichung der Rechtsvorschriften, fairer Wettbewerb. Als übergeordnete Organe sollten eine parlamentarische Versammlung, ein Rat, eine Kommission und ein Gerichtshof fungieren.
Der Euratom-Vertrag sollte der gemeinsamen Erforschung und friedlichen Nutzung der Kernenergie dienen.

Welche Bedeutung haben sie?
Die Römischen Verträge wurden im Laufe der Zeit vielfach modifiziert, haben ihre Gültigkeit jedoch grundsätzlich bewahrt. Trotz Dauerkrise im europäischen Einigungsprozess mit herben Rückschlägen waren sie aus heutiger Sicht tatsächlich „die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker”. So steht es in der Präambel des EWG-Vertrags.

Weitere Entwicklungen?
Aus der EWG wurde nach dem 1992 unterzeichneten Maastricht-Vertrag die Europäische Gemeinschaft (EG). Damit wurde die Europäische Union gegründet, die eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Innen- und Justizpolitik sowie eine Währungsunion anstrebte. In Amsterdam (1997) und Nizza (2001) wurden Reformverträge geschlossen, um bei der Osterweiterung handlungsfähig zu bleiben. Nach dem Scheitern der geplanten EU-Verfassung trat 2009 der Lissabon-Vertrag in Kraft. Das war der letzte große Reformvertrag mit zahlreichen institutionellen und inhaltlichen Neuerungen.
Alle Integrationsschritte und die Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten waren stets von einem mehr oder weniger heftigen Ringen um die Durchsetzung oder Wahrung nationaler Interessen begleitet. Um gemeinschaftlich große Probleme zu lösen wie die Flüchtlingsströme nach Europa oder den geplanten Brexit, bedarf es einer ständigen Dynamik der Erneuerung.
HJB

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, März/April 2017)
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