18. Juli 2017

Mach ich alles richtig?

Von nst5

Beruf, Haushalt und Kind: Mit all dem spürt ein Alleinerziehender schnell seine Grenzen.

Es war schon eine Umstellung! Meine Frau und ich hatten uns 2007 getrennt und unser Sohn lebte erst bei ihr. Als er dann 2013 zu mir zog, hatte ich mich ans Single-Leben gewöhnt, fällte Entscheidungen allein. Es hat eine Weile gedauert, den Alltag so umzuorganisieren, das er uns beiden gerecht wurde. Damals habe ich immer gegrübelt: Mach ich es richtig? Wie kann ich es besser machen? Werde ich meinem Sohn gerecht? Und den Erwartungen meiner Ex-Frau? So hab ich mir den Druck eigentlich selbst gemacht.
Meine Arbeit beginnt früh um sechs. Mein Sohn musste lernen, allein aufzustehen und zur Schule zu gehen. Für mich kamen beruflich technische Umstellungen hinzu; damit waren große Anforderungen von mir selbst und von meinen Vorgesetzten verbunden. Mein Sohn hat mitbekommen, dass im Dienst Stress war. Es gelingt nicht immer, die Probleme vor der Tür zu lassen. Bestimmte Dinge gehen mir weiter durch den Kopf. So hab ich ihm die Hintergründe erklärt.
Um unsere Pläne abzustimmen, brauchen wir keinen organisatorischen Aufwand. Wir haben recht viel Zeit miteinander. Mein Sohn hat bis halb zwei oder zwei Uhr Schule; ich komme um halb vier nach Hause. Jetzt ist er 16, da bleibt er öfter mal nach der Schule weg. Aber beim Abendessen sind wir in der Regel zusammen. Er erzählt, was los ist, wie die Arbeiten gelaufen sind. Als vor einigen Monaten sein Opa, mein Schwiegervater, gestorben ist, fing er an zu erzählen, was ihn beschäftigt, welche Gedanken er sich macht, über seine Gefühle: Da haben wir uns hingesetzt, Radio und Fernseher ausgemacht und uns richtig tief unterhalten.
Zum Glück haben meine Ex-Frau und ich ein gutes Verhältnis. Die großen Entscheidungen in der Erziehung treffen wir nach wie vor gemeinsam. Rat hole ich mir sonst im Bekanntenkreis bei Alleinerziehenden, meist Müttern. Der Austausch ist enorm wichtig. Mein Standpunkt ist natürlich der eines Mannes und Vaters; da hilft es mir, auch den Blickwinkel einer Frau zu kennen.
Was mir auch hilft, ist mein Glaube, die Beziehung zu Jesus. Ich versuche, ein gütiger Vater zu sein, so wie es Gott für uns ist. Mein Sohn ist in einem Alter, wo wir nicht immer einer Meinung sind und an einem Strang ziehen. Ich sehe es schon als meine Aufgabe, zuweilen klare Grenzen zu ziehen. Aber auch mal ein Auge zuzudrücken und gerade in dieser Phase Verständnis für seine Ansichten und sein Verhalten aufzubringen.
Einmal hatte er eine schlechte Note in Mathe. Ich wollte, dass er den Anschluss nicht verpasst und hab ihn genötigt, Zusatzaufgaben zu machen. Vielleicht war die Art nicht okay, aber ich fühlte mich mit dem Problem allein, unter Stress, und hab versucht, das Beste draus zu machen.
Als mein Sohn kleiner war, acht oder neun, war ich mal ziemlich sauer auf ihn und hab ihm das auch deutlich zu verstehen gegeben. Das war kurz nach der Trennung, wo ich mit der Gesamtsituation selbst nicht klar kam. Als ich merkte, was ich angerichtet hatte, hab ich mich vor ihn hingekniet, ihm in die Augen gesehen, versucht, ihm alles zu erklären, vor allem aber: mich bei ihm entschuldigt. Wir haben uns in den Armen gelegen und beide geweint. Das war ein ganz besonderer Moment, der Stress rausgenommen hat. Eine große Erleichterung!

Thomas Rabe
51, aus Duisburg, arbeitet bei der Bundespolizei im Technischen Dienst. Die Zeit der Trennung von seiner Frau war für die ganze Familie Stress. Seit vier Jahren erzieht er seinen Sohn allein und erlebt dabei immer wieder Engpässe. Zum Glück kann er sich bei seiner Ex-Frau und guten Bekannten Rat holen.

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juli/August 2017)
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