17. Juli 2019

Wort des Lebens . August 2019

Von nst5

„Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.“ (Lukas 12,34)

Ein „Schatz“ ist wertvoll, gibt Sicherheit, auch für die Zukunft. „Herz“ meint unser Innerstes, das, was uns ausmacht. Aus ihm kommen unsere Werte, die Grundlage unserer Entscheidungen; hier verstehen wir den Sinn unseres Lebens.
Was ist der „Schatz“, für den wir alles andere beiseitelassen?
In unserer Gesellschaft scheint es wichtig, materielle Güter anzuhäufen, mehr auf unsere eigenen Bedürfnisse zu achten als auf die der anderen, um in Wohlstand und Erfolg zu leben. Der Evangelist Lukas hat in einem ganz anderen kulturellen Umfeld gelebt und überliefert diese Worte Jesu als entscheidende und universell gültige Lehre für die Menschen aller Zeiten:
„Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.“
Lukas macht in seinem Evangelium deutlich, dass sich die Jünger Jesu für Gott entscheiden müssen, für das wahre Gut, so wie es Jesus vorgelebt hat. Das bedeutet, sich voller Vertrauen Gottes Liebe zu überlassen und damit als Kind Gottes und Erbe seines Reiches auch wirklich „reich“ werden zu können.
Letztlich geht es um die Freiheit, sich nicht von materiellen Dingen besitzen zu lassen, sondern sie zu beherrschen.
Materieller Reichtum kann unser Herz besetzen und den unstillbaren Wunsch hervorrufen, immer mehr besitzen zu wollen, bis hin zur Sucht. Bei den Almosen hingegen, zu denen Jesus(1) im Satz vorher aufruft, geht es um die Gerechtigkeit, die aus der Barmherzigkeit kommt. Sie macht unser Herz leicht und bewirkt, dass wir anderen Menschen wie Geschwistern begegnen.
Jede Christin, jeder Christ und jede christliche Gemeinschaft kann die wahre Freiheit durch das Teilen der materiellen und geistigen Güter mit Bedürftigen erfahren. Der christliche Lebensstil spiegelt das Vertrauen in Gottvater wider und ist Grundlage für eine Kultur der Liebe.
„Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.“
Ein Gedanke Chiara Lubichs(*) kann helfen: „Warum legt Jesus so viel Wert darauf, dass wir uns von unserem Besitz lösen? Warum geht er sogar so weit, daraus eine Bedingung zu machen, um ihm folgen zu können? Er tut das, weil er selbst der größte Reichtum, der wahre Schatz unseres Lebens ist. Jesus möchte, dass wir frei sind – ohne uns ängstlich an etwas zu klammern oder uns übertrieben um etwas zu sorgen. Dann können wir ihn mit ungeteiltem Herzen, ganzem Verstand und allen Kräften lieben. Er möchte, dass wir uns dem anderen öffnen. Der einfachste Weg zu ‚verzichten‘ ist zu ‚geben‘.

Illustration: (c) elfgenpick.de

Geben wir Gott, indem wir ihn lieben. Zeigen wir Gott diese Liebe, indem wir unsere Schwestern und Brüder lieben und bereit sind, alles für sie einzusetzen. Manchmal sind wir uns dessen nicht bewusst, aber wir haben viele Reichtümer zu geben: Wir können Zuneigung schenken, Freundlichkeit zeigen, Freude weitergeben, Zeit zur Verfügung stellen, Gebete anbieten und innere Reichtümer mitteilen. Immer wieder haben wir auch Dinge übrig – wie Bücher, Kleidungsstücke oder auch Geld… Geben wir, ohne zu sehr über Fragen nachzugrübeln wie: ‚Wer weiß, ob ich das nicht doch noch brauchen könnte?‘ Alles kann man irgendwann brauchen. Wenn wir diesen Gedanken jedoch zu sehr nachgehen, dann schleichen sich in unser Herz zahllose Anhänglichkeiten ein, die immer neue Bedürfnisse wachrufen. Bemühen wir uns stattdessen darum, nur das zu besitzen, was nötig ist. Achten wir darauf, dass wir Jesus nicht wegen ein wenig zurückgelegten Geldes verlieren oder wegen einer Sache, ohne die wir auch auskommen können.“(2)
Marisa und Agostino sind seit 34 Jahren verheiratet: „Im achten Jahr unserer Ehe lief einfach alles gut; wir hatten eine Traumwohnung und eine gute Arbeit. Da wurden wir gefragt, ob wir für den Aufbau einer christlichen Gemeinschaft nach Lateinamerika gehen würden. Trotz Bangen, Unsicherheit und vieler Menschen, die uns für verrückt erklärten, waren wir sicher: Jesus sagte uns: ‚Komm und folge mir nach.‘ Das gab uns großen Frieden. Wir haben uns darauf eingelassen und die Erfahrung gemacht, dass Gott für uns sorgt.
Einmal gab es ein Fest, bei dem jede Familie etwas zum Abendessen beitrug. Wir waren gerade aus Italien zurück und hatten ein Stück Parmesankäse mitgebracht. Einerseits wollten wir den Käse gerne mit den anderen teilen, konnten uns aber auch des Gedankens nicht erwehren, dass wir selbst dann viel weniger davon haben würden. Da haben wir uns an die Worte Jesu erinnert: ‚Gebt und es wird euch gegeben werden‘(3). Wir haben einander angeschaut und gesagt: Jetzt haben wir alles hinter uns gelassen, unsere Heimat, die Arbeit, die Verwandten – und dann hängen wir an einem Käse? Wir haben ein Stück zum Fest mitgenommen. Zwei Tage später klingelte es an unserer Tür. Davor stand ein Tourist, den wir nicht kannten. Er hatte ein Paket von Freunden dabei. Und was war darin? Ein großes Stück Parmesankäse. Wenn Jesus sagt: ‚Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen‘, ist das kein leeres Versprechen.“
Letizia Magri

1 vgl. Lukas 12,33
2 Chiara Lubich, Wort des Lebens September 2004
3 Lukas 6,38
* 1920 – 2008, Gründerin der Fokolar-Bewegung

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juli/August 2019)
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