24. September 2019

Kampf den Kippen

Von nst5

Offener Brief an Mario Merella

Sehr geehrter Mario Merella!

Achtlos weggeschnippte Zigarettenkippen verschandeln nicht nur Straßen, Plätze und Hauseingänge, sie sind auch gefährlicher Problemmüll. Deshalb haben Sie ihnen den Kampf angesagt und mit Ihrem Verein seit April 2018 bereits über 5 Tonnen (!) Zigarettenstummel gesammelt. Und mit einem von Ihnen entwickelten Recycling-System gelingt Ihnen eine rückstandslose stoffliche Verwertung.
Fakten, die wenigen bewusst sind, haben Sie dazu veranlasst: Geschätzt jedes dritte Stück Plastik in den Ozeanen ist ein Zigarettenfilter. Darin setzen sich beim Rauchen Giftstoffe wie Arsen, Blei, Benzol und Nikotin ab. Durch Regen werden diese Giftstoffe aus den weggeworfenen Kippen ausgespült und gelangen ins Wasser und die Erde, genauso wie das darin enthaltene Mikroplastik. Wissenschaftler sagen, dass eine Kippe rund 40 Liter sauberes Grundwasser verunreinigen kann. Deshalb gehören sie nicht in die Umwelt, aber auch nicht in den Restmüll.
Angefangen hat für Sie alles im November 2016 mit einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation. Darin wurde die Tabakpflanze als „unnachhaltigste“ Pflanze „gekürt“. Selbst bekennender Raucher, wollten Sie zunächst den Resttabak in den Stummeln einfach wieder „rauchbar“ aufbereiten. Aber bald reichte Ihnen das nicht mehr. Auf dem Weg zur rückstandslosen stofflichen Verwertung haben Sie selbst „Küchenversuche“ gemacht. Inzwischen gelingt es, die Giftstoffe aus den zerkleinerten Kippen abzukapseln und aus dem restlichen Gemisch im Spritzgießverfahren Behälter für Ihr Recyclingsystem herzustellen. Unterstützt werden Sie dabei durch Profiunternehmen in den Bereichen Kunststoff und Metall.
Damit Raucher nicht mehr sagen können, es gäbe zu wenig Abfalleimer, produziert Ihr Verein „Tobacycle“ Kippenröhrchen – Aschenbecher für die Tasche – und Sammeleimer, beide luftdicht und geruchsneutral, in denen Raucher ihre Zigarettenstummel sammeln und über öffentliche Annahmestellen – bisher vor allem im Großraum Köln – spenden oder per Post an Sie schicken können. Außerdem hat TobaCycle schon viele Firmen überzeugt. Die Sammelbehälter werden dort in den Raucherbereichen aufgestellt und die Kippen regelmäßig von Ihrem Verein abgeholt. Auch Lokale und Gaststätten haben sich angeschlossen. Großen Erfolg haben Sie auch auf Festivals, wo das von Ihnen hergestellte Kippenröhrchen verteilt und anschließend mit den Stummeln wieder eingesammelt wird.
Auch wenn Ihr System und der Verein noch im Aufbau sind, gehen Sie direkt das nächste Projekt an: die Entsorgung und Verwertung von Kaugummis. Mindestens fünf Jahre dauert es, bis ein ausgekauter Kaugummi in der Natur anfängt zu verrotten. Deshalb sollen bald an ausgewählten Orten neben Ihren grauen Sammelaschenbechern auch rote Auffangbehälter für Kaugummis hängen.
Sie kämpfen für ein Umdenken und sind überzeugt, dass es am besten im Kollektiv gelingen kann. Ihr Einsatz beeindruckt. Und Sie selbst wollen damit vor allem Hoffnung vermitteln, „dass wir das, was wir mit der kleinen Kippe schaffen, auch mit anderen Problemabfällen, im speziellen mit den Plastik-Müllbergen, hinbekommen können.“
Herr Merella, Sie zeigen eindrucksvoll, was möglich ist, wenn man sich einsetzt! Und damit machen Sie sicher nicht nur uns Mut.
Vielen Dank und gutes Gelingen für Ihre Aktivitäten.

Mit freundlichen Grüßen,

Gabi Ballweg,
Redaktion NEUE STADT

Mario Merella
Der Kölner Mario Merella, 55, hat es sich mit seinem gemeinnützigen Verein „TobaCycle “ zur Lebensaufgabe gemacht, Zigarettenkippen zu sammeln und zu recyceln. Aus dem gewonnenen Material werden Aschenbecher und Mülltonnen produziert, in denen wieder Kippen gesammelt werden. Denn er hat das ehrgeizige Ziel, sie aus der Umwelt und dem Restmüll zu verbannen.

www.tobacycle.de

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, September/Oktober 2019)
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