7. April 2021

Der Blick der anderen

Von nst5

Haus der Einwanderungsgesellschaft

Seit 30 Jahren setzt sich der Verein „Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland“ (DOMiD) für ein Migrationsmuseum ein. Vereinsmitglieder gingen seit 1990 in Betriebe und Vereine und trugen die verschiedensten Objekte zusammen – vom Reisepass und Flugticket der Ankömmlinge bis zum Kofferradio, mit dem die Menschen ihrem Heimatsender lauschten; von der Kassette, auf der gesprochene Botschaften über Ländergrenzen hinweg Familien verbanden, bis zum größten aller Objekte, einem historischen Ford Transit. Der pendelte ungezählte Male zwischen Deutschland und der Türkei hin und her. Bis heute ist die Sammlung auf rund 150 000 Erinnerungsstücke angewachsen.
Nun kann der Traum der Gründer – vier aus der Türkei stammenden Migranten – und ihrer inzwischen zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Wirklichkeit werden. Mit finanzieller Unterstützung von Bund und Land Nordrhein-Westfalen soll in der einstigen „Halle 70“ des Motorenherstellers Klöckner–Humboldt-Deutz im Kölner Stadtteil Kalk das „Haus der Einwanderungsgesellschaft“ entstehen. Dort sollen so komplexe Begriffe wie „Identität“, „Wandel“, „Grenze“ oder auch „Fremdheit“ illustriert werden.
Mit der Museumseröffnung rechnet DOMiD (domid.org) frühestens im Jahr 2023. Vorher kann man schon mal im Internet vorbeischauen – 2018 eröffnete das Virtuelle Migrationsmuseum (virtuelles-migrationsmuseum.org).

Herzen und Mägen füllen
Als Claudia Adrario und Hoda Al Sherif 2017 das Restaurant du Coeur (Restaurant des Herzens) in Basel gründeten, wollten sie den mittags leer stehenden Raum der Wärmestube Soup&Chill nutzen, mit ausgemusterten Lebensmitteln kochen und Asylsuchende beschäftigen. Unter der Leitung von May Missaoui und Sandra Coppola kochte sich das Restaurant im wahrsten Sinne des Wortes in die Herzen und Mägen der Menschen.
Die Idee hinter dem Angebot: nutzen, was wir im Überfluss haben – die Fähigkeiten von Menschen verschiedener Nationalitäten, die wunderbar kochen können, die gerne in einer Gruppe von Gleichgesinnten arbeiten möchten, es aber derzeit aufgrund ihres Aufenthaltsstatus in der Schweiz entweder nicht dürfen oder auf dem ersten Arbeitsmarkt chancenlos sind. www.restaurant-du-coeur.ch

Wetter
Das Wetter in Deutschland trägt Vornamen. 2021 sind die Tiefs männlich, die Hochs weiblich. Die Namen können gekauft werden: 350 Euro für ein Hoch und 250 Euro für ein Tief. Um deutlich zu machen, dass Deutschland vielfältig ist, haben die „Neuen deutschen Medienmacher*innen“ (NdM) 13 Hochs und Tiefs gekauft und ihnen Namen gegeben, die migrantisch gelesen werden: Ahmet, Bartosz, Cemal, Dimitiros, Erhan, Flaviu, Goran, Halkim, Irek, Jussuf, Bozena, Chana und Dragica. Die Kampagne trägt den Namen wetterberichtigung und soll symbolisch zeigen, dass die NdM überall Teilhabe fordern.

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, März/April 2021)
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