1. August 2022

Völkerrecht

Von nst5

Der Krieg Putins gegen die Ukraine

widerspricht dem Völkerrecht. Was genau regelt dieses Recht?

Für wen gilt das Völkerrecht?
Das Völkerrecht soll die Beziehungen zwischen den Staaten ordnen und so dazu beitragen, den Frieden zu sichern. Das zentrale Vertragsdokument ist die Charta der Vereinten Nationen von 1945.
In erster Linie gilt es für anerkannte Staaten, aber auch für einige internationale Organisationen, für das Rote Kreuz, den Malteserorden und den Heiligen Stuhl.
Eine neue Entwicklung ist, dass es auch auf Personen übertragen wird: Aus dem Völkerrecht lassen sich Rechte und Pflichten für Individuen ableiten. Und so können inzwischen auch Einzelpersonen Beschwerden einlegen, und Einzelpersonen können für Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden.

Wie kam es zum Völkerrecht?
Seit 5000 Jahren schließen Staaten Verträge miteinander, um ihre Beziehungen zu ordnen. Oft lag der Schwerpunkt dabei auf Kooperation und Handel – oder es wurde Frieden zwischen ausgewählten Staaten oder für einen bestimmten Zeitraum vereinbart. Lange herrschte aber allgemein die Idee vor, dass Staaten ein Recht dazu hätten, Krieg zu führen. Durch die Erfahrung der beiden Weltkriege ist Gewalt zwischen Staaten mittlerweile geächtet. Mit Verabschiedung der Charta der Vereinten Nationen 1945 wurde das Gewaltverbot verankert. Jetzt geht es dem Völkerrecht also im Kern darum, für den internationalen Frieden zu sorgen.

Was ist darin geregelt?
Die Staaten haben vereinbart, dass Angriffskriege nicht erlaubt sind. Militärische Gewalt ist nur legitim, um sich zu verteidigen oder um ein Land, das Krieg führt oder anderweitig gegen das Völkerrecht verstößt, zu stoppen. Darüber hinaus schreibt das Völkerrecht fest, welche Regeln auch im Kriegszustand für alle Parteien gelten. Zum Beispiel dürfen zivile Personen im Krieg nicht angegriffen werden. Sanitäter und humanitäre Helfer stehen unter Schutz – und Soldatinnen und Soldaten, die gefangen genommen werden, müssen gut behandelt werden.

Wer setzt es durch?
Für die Durchsetzung gibt es keine allgemein gültigen Zuständigkeiten – und das ist auch die große Schwachstelle des Völkerrechts.
Es bleibt den Staaten überlassen, ob sie bei einer Verletzung des Völkerrechts militärisch reagieren wollen oder nicht. Denn auch, wenn es gemäß völkerrechtlicher Vereinbarungen legitim wäre, einen Angriffskrieg zu stoppen, müssen die Staaten immer auch andere politische Interessen mit abwägen.
Verbrechen gegen das Völkerrecht können zudem auf nationaler Ebene strafrechtlich verfolgt werden. Prozesse werden nicht nur in den Ländern geführt, die direkt von einem Verstoß gegen das Völkerrecht betroffen sind, sondern können auch in Drittstaaten angestrengt werden.
Hinzu kommt seit 2002 der Internationale Strafgerichtshof (IStGH). Hier wird bei Verdacht auf eine Verletzung des Völkerrechts ermittelt, verhandelt und gegebenenfalls auch geurteilt: Die Kernverbrechen, für die der IStGH zuständig ist, sind Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verbrechen der Aggression und Kriegsverbrechen. Allerdings haben sich bislang nur etwa 60 Prozent der Staaten entschieden, sich dem IStGH unterzuordnen. Einige sehr mächtige und bevölkerungsreiche Länder wie die USA, Russland und China erkennen seine Zuständigkeit nicht an.
Klara Sucher

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juli/August 2022)
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