4. Oktober 2022

PASSIERT

Von nst5

Aus dem Leben mit dem Wort

Illustration: (c) AlKa5051 (iStock)

Die Mutter eines Mädchens, das ich im Katechismus-Unterricht hatte, lud mich ein, mich an einer Sammlung von Lebensmitteln und Kleidung für die Ukraine zu beteiligen. Ich gab die Nachricht per WhatsApp an meine Bekannten weiter. Über die Mengen, die in nur zwei Tagen zusammenkamen, staunte diese Mutter sehr. In meiner Dank-Nachricht an diejenigen, die sich beteiligt hatten, schrieb ich auch, dass ich einem mir bekannten Priester, der in der Ukraine geblieben war, eine Überweisung schicken würde. Mehrere Personen meldeten sich daraufhin, um auch einen Beitrag zu geben. Am Ende des Tages kamen so 1000 Euro zusammen. Gerührt habe ich wieder allen gedankt; jemand schrieb daraufhin: „Kennst du das Wunder von den Broten und Fischen?“
C. Italien

Ich gebe kostenlos Englischnachhilfe für Siebtklässler. Das ist oft echt anstrengend. Die haben leider meist überhaupt keine Lust. Unter ihnen ist auch ein Junge, der von den anderen wohl gemobbt wird. Ich habe oft das Gefühl, dass er echt unglücklich ist, da er mir jedes Mal ungefähr sein halbes Leben erzählt. Mich stört das nicht, aber die anderen ziehen ihn damit auf. Heute ging es darum, wer nach den Zeugnissen weiterhin kommen will, und die meisten hatten keine Lust. Nur dieser eine Junge sagte sofort: „Ich komme wieder!“ Das hat mich echt berührt. Obwohl er sich in Englisch nicht unbedingt verbessert hat, hatte er anscheinend doch eine gute Zeit während der Nachhilfe. Er hat irgendwie gestrahlt.
F.K.

Letzte Deutsch-Stunde hatte unser Lehrer uns die Mammut-Aufgabe gegeben, von jedem der 36 Kapitel von Effi Briest eine Inhaltsangabe zu machen. Ich saß fünf Stunden daran. Abends war ich total fertig. Dann hat eine Freundin angerufen; ich wusste, sie hatte vorher Handball gespielt und einen guten Tag gehabt. Sie fragte mich, ob ich ihr die Inhaltsangabe schicken könnte. Ich habe gezögert, weil mich das so viel Zeit gekostet und sie nichts gemacht hatte. Aber dann dachte ich, dass Jesus sich auch so oft verschenkt hat. Sie war einfach glücklich und meinte, ihr sei ein riesiger Stein vom Herzen gefallen.
L.K.

Vor einiger Zeit hatte ich oft lange mit meiner Tante gesprochen, auch darüber, dass ich mein Leben an Jesus ausrichten will und begonnen hatte, täglich im Evangelium zu lesen. Gestern sagte sie in einem Telefonat, dass ich ihr Leben ganz schön durcheinandergebracht habe. „Wie das?“, war meine erstaunte Frage. „Naja, dein Onkel und ich haben die Bibel wieder hervorgeholt, lesen jetzt auch täglich das Evangelium und kommen darüber ins Gespräch. Eigentlich hatte ich mir mein christliches Leben ganz bequem eingerichtet, mit sonntäglicher Messe und so. Aber nach unseren Gesprächen habe ich gespürt, dass da doch viel mehr sein muss.“
A.K.

Ich habe einen Freund in der Ukraine. In dieser Zeit rufe ich ihn immer wieder an und versuche, ihm so nahe zu sein. Manchmal erreiche ich ihn nicht. Weil ich länger nichts gehört hatte, schrieb ich ihm dann eine WhatsApp-Nachricht und sagte ihm, dass ich für ihn gebetet hatte. Darauf kam die Antwort: „Danke, dass du einfach da bist und dass du immer Botschaften schickst. Sie geben mir Kraft und Halt. So lebe ich hier nicht einsam, sondern gemeinsam. Heute war ich den ganzen Tag unterwegs und habe Flüchtlinge an verschiedenen Orten besucht. Ich bin einfach losgegangen, um den Menschen nahe zu sein. Es war eine starke Erfahrung und hat mir echt Mut gemacht.“
W.M.

Eine Gruppe von 25 ukrainischen Flüchtlingen hatte sich bei einem Fest in der Kirche sehr engagiert. Daraufhin lud ich sie spontan noch auf ein Eis ein. Als ich in mein Portemonnaie schaute, sah ich, dass das Geld unmöglich für alle reichen würde. Aber meine Einladung war ausgesprochen. Mir kam das Wort „Gib und dir wird gegeben werden.“ Ich hatte den Eindruck, dass mein Vertrauen gefordert war. So machten wir uns auf den Weg zur Eisdiele. Unterwegs begegnete ich einem Bekannten, der mir mit Blick auf die Gruppe spontan 50 Euro in die Hand drückte. In der Eisdiele hatte eine mir bekannte ältere Frau so eine Freude an unserer internationalen Gruppe, dass sie mit ihrem Rollator ankam und mir ebenfalls 50 Euro in die Hand drückte. Schmunzelnd blickte ich zum Himmel. Nun reichte das Geld für alle!
M.W.

Den ganzen Tag war ich für ukrainische Flüchtlinge unterwegs gewesen. Ich hatte viele schwere Geschichten gehört. Dann fuhr ich mit einer Helferin nochmals in eine Unterkunft, um dort 15 Roller an die Kinder und Jugendlichen weiterzugeben. Ein aufgeweckter 13-Jähriger ließ mich wissen, dass er lieber so ein Fahrrad hätte, wie ich es seinem Freund besorgt hatte. Innerlich gab ich mir einen Ruck und rief bei einer Fahrradsammelstelle an. Wir konnten noch vorbeischauen. Aber unter den Fahrrädern war kein passendes. Schweren Herzens verabschiedete ich mich und fuhr noch für eine Zeit der Stille in unsere Kirche. Unter Tränen sagte ich zu Jesus: „Ich hab heute alles gegeben! Kümmere du dich jetzt um ein Fahrrad für den Jungen!“ Als ich später auf mein Handy schaute, war da die Nachricht der Mutter des Kindes, dem ich das Fahrrad besorgt hatte: Ihr Sohn wollte lieber einen Roller. Deshalb hatte sie das Fahrrad an den anderen Jungen weitergegeben.
M.W.

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, September/Oktober 2022)
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