Passiert
Aus dem Leben mit dem Wort
Zu meiner Geburtstagsfeier kam eine Freundin, die auch Geburtstag hatte. Als wir den Kuchen anschnitten, bat ich meine Mutter, erst für sie und dann für mich zu singen. Damit hatte meine Freundin nicht gerechnet. Dann sah ich, dass ich viele Geschenke bekommen hatte; sie keins. Ich legte alle Geschenke auf den Wohnzimmertisch und teilte sie auf – die Hälfte für sie, die Hälfte für mich. Als ich sie ihr überreichte, war sie total überrascht.
M.B., 6 J.
Wir waren mit einem Camping-Bulli in Italien unterwegs. Am späten Nachmittag steuerten wir einen Campingplatz an der süditalienischen Adria an. Es gab noch freie Plätze. Schnell wurden wir uns mit dem Platzwart einig und buchten für zwei Tage. Ein Mitarbeiter, der aus Gambia stammte, wies uns einen schönen Stellplatz unter Pinien zu. Als wir den Platz in Augenschein nahmen, stellten wir fest, dass der Mitarbeiter alles sauber geharkt hatte. Das hatten wir bisher so noch auf keinem Platz erlebt. Wir kamen kurz mit ihm ins Gespräch, und er gab uns noch einige Tipps. Abends kam uns das Motto in den Sinn, das wir uns morgens vorgenommen hatten: „Entdecke, was dir geschenkt ist.“
H.O.
Die letzten Wochen haderte ich sehr mit meiner Situation und der so wichtigen Entscheidung, die ich zu treffen hatte. Das hat mich fast wahnsinnig gemacht. Immer und immer wieder habe ich mich gefragt: „Soll ich diesen unsicheren Weg gehen, von dem mir keiner sagen kann, wo und wie er endet, oder bleib ich einfach stehen?“ Da bekam ich einen Videoimpuls. „Wag den Schritt“, hieß es darin. Ich habe es mir sehr oft angeschaut, es hat mit viel Mut gemacht. So habe ich mich dann entschieden, die Hoffnung nicht aufzugeben und mich nochmals einer OP zu unterziehen.
A.B.
Die Bilder vom zerstörten Kinderkrankenhaus in Kiew schockten mich. Kinder, krebskrank, mit ihren Müttern auf Bürgersteigen. Mir scheint, es ist Gott, der mich aus diesen Kinderaugen anspricht. Es ist der Schrei einer Liebe, die nach Antwort sucht. Aber ich kann nur begrenzt helfen. So gehe ich in die Kirche, stelle eine Kerze auf und halte all den Schmerz aus – den der Menschen in der Ukraine, im Gaza-Streifen, im Sudan, in Syrien, in Afghanistan, in Eritrea und dem Sudan … Ich kann meine Tränen nicht mehr zurückhalten und spüre: Gott leidet unendlich, er leidet mit jedem Einzelnen von uns. – In diesem Gedanken findet mein Herz wieder Frieden.
M.W.
In der Schule wusch ich mir in der Pause auf der Toilette die Hände, als fünf oder sechs Mädchen und zwei Jungen mich angriffen, an den Haaren zogen, mich schlugen und traten. Sie zerbrachen auch meine Brille. Ich schrie laut. Als die Hausmeisterin hereinstürmte, liefen sie schnell weg. Warum? Dabei schien ich doch zu allen ein gutes Verhältnis zu haben. Später stellte sich heraus, dass ihr „Spiel“ an diesem Tag darin bestand, das erste blonde Mädchen anzugreifen, das sie trafen. Tagelang war ich traumatisiert von der Vorstellung, wieder in die Schule zu gehen. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, wie schwer es ist, zu vergeben. Ich habe tagelang darüber nachgedacht. Dann wurde mir klar, dass die Kraft zum Verzeihen ein Geschenk des Auferstandenen ist. Ich wäre nicht in der Lage gewesen, es zu tun. Als ich dann in die Schule zurückkehrte, spürte ich, dass ich einen wichtigen Schritt getan hatte.
M.H.
In der Postfiliale, in der ich normalerweise meine Post hole, traf ich oft auf Angestellte, die nervös und unhöflich waren. „Wo keine Liebe ist, da bringe Liebe hin und du wirst Liebe finden.“ Dieser Satz von Johannes vom Kreuz half mir, trotzdem freundlich zu bleiben und alle zu grüßen. So konnte ich nach und nach Beziehungen aufbauen. Und als ich vor Kurzem einem Mitarbeiter ein Los einer Wohltätigkeitstombola anbot, interessierten sich auch andere dafür. Sogar der Geschäftsführer kam, um sich ein Los zu holen, und bat mich kurz darauf um ein weiteres. Daraufhin sagte ich: „Ich hoffe, dass wenigstens einer von Ihnen einen Preis erhält.“ Er sagte: „Auch wenn wir nicht gewinnen, haben wir etwas Schönes zusammen gemacht!“
M.F.
In den Ferien musste meine Mutter kochen, aber sie war etwas müde. Ich habe sie gefragt, ob ich ihr helfen könnte. Sie sagte ja, sie wolle Frikadellen machen. Ich habe mich sofort an die Arbeit gemacht und folgte den Anweisungen, die sie mir gab. Ich habe das Fleisch mit dem Ei und den anderen Zutaten durchgemischt und die Fleischballen geformt. Mamma hat sie gebraten und am Abend hatten wir ein leckeres Abendessen! Jetzt kommt es immer wieder mal vor, dass wir zusammen Frikadellen machen. Ich mische die Masse, was sie nicht so gerne macht.
D.H.
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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, September/Oktober 2024.
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