15. März 2009

Das ist ja wohl das Mindeste!

Von nst_xy

Erfahrungsberichte

Im Sommer war ich mit einer Freundin in der Türkei. Nach einigen sehr anstrengenden Wochen in der Arbeit freuten wir uns beide auf Sonne, Strand und Meer.
Leider schaffte es mein Koffer nicht bis in die Türkei und tauchte erst am Ende der Urlaubswoche auf. Im Handgepäck hatte ich intelligenterweise nur Bücher, Bücher und nochmals Bücher – immerhin aber auch meine Sonnenbrille eingepackt! Meine Freundin, die wie ich versucht, das „Wort des Lebens“ zu leben, meinte gleich mit einem Lächeln: „Jetzt weiß ich, warum ich zuviel eingepackt habe!“ Tatsächlich konnte sie mir vieles ausleihen, einiges musste ich aber trotzdem noch kaufen.
Bei der Fluglinie hatte man mir gesagt, dass ich die Rechnungen einreichen könnte, und 50 Prozent von allen Ausgaben ersetzt bekäme. Da auf türkischen Märkten keine Rechnungen zu bekommen sind, meinte die freundliche Dame, ich solle einfach eine Aufstellung all meiner Ausgaben schicken, das würde selbstverständlich auch bearbeitet.
Im ersten Augenblick war ich versucht, einfach das Doppelte meiner Ausgaben aufzuführen, um alles ersetzt zu bekommen. „Das ist ja wohl das Mindeste,“ so dachte ich „nachdem sie eine ganze Woche nicht fähig waren, meinen Koffer aufzutreiben!“ Dann erinnerte ich mich aber an das Schriftwort: „Sucht zuerst das Reich Gottes, alles andere wird euch dazu gegeben.“ Da wusste ich, was ich zu tun hatte: Ich schickte die ehrliche Aufstellung meiner Ausgaben über 110 Euro an die Fluglinie. Zu meiner großen Überraschung erhielt ich bereits einen Tag später eine freundliche Mail mit folgendem Inhalt: „Vielen Dank für Ihren Brief samt Kostenaufstellung. Generell benötigen wir für die Kostenentschädigung die Originalbelege und erstatten davon 50 Prozent. In Ihrem Fall waren Sie für die sieben Tage aber sehr sparsam, und deshalb möchten wir Ihnen als kleine Wiedergutmachung gerne den vollen Betrag von 110 Euro gutschreiben.“ P.Ö.

Die Straße lebt.
Meine Frau und ich bewohnen ein Haus in einer Sackstraße. Auf der Rückseite der Grundstücke befindet sich ein Sportplatz. Dieses Gelände sollte nun verkauft werden. Der Bebauungsplan sah vor, darauf Häuser zu bauen, die zwar nur ähnlich hoch, aber viel dichter beieinander sein sollten wie in der Straße.
Einige Bewohner veranlassten eine Unterschriftensammlung gegen dieses Vorhaben. Um mich besser zu informieren, nahm ich an einer Sitzung des Bauausschusses teil. Dabei verstand ich, dass rein rechtlich eine Unterschriftensammlung nichts bewirken konnte, und so haben wir nicht unterschrieben. Das nahmen uns einige Bewohner übel.
Gleichzeitig wurde auch ein Neuausbau unserer Straße geplant. Bei einem Ortstermin mit dem Bauamt und dem Oberbürgermeister, an dem meine Frau und ich leider nicht teilnehmen konnten, kam es zu großen Streitigkeiten. Als wir davon erfuhren, fragten wir uns, wie wir unseren Beitrag zu einem friedlichen Miteinander geben konnten. So kam uns die Idee, ein Straßenfest zu organisieren. In die Vorbereitung wollten wir auch Geschwister und Neffen, die in der Straße wohnten, einbeziehen, und gemeinsam entstand ein Konzept, das uns allen gut gefiel. Wir entwarfen eine Einladung, die ich dann persönlich allen Bewohnern übergab. Bewusst lud ich auch eine Frau ein, die sich mit allen im Streit befindet.
Überraschenderweise reagierten alle sehr positiv auf unsere Initiative. Bei strahlendem Sonnenschein versammelten sich 70 Personen in unserem Hof. Alle trugen zu einem reichhaltigen Büfett bei und nutzten das gemeinsame Grillen für Gespräche. Manches Gerücht fand keine Bestätigung, und es herrschte eine familiäre und heitere Stimmung. Noch lange danach brachte man uns zum Dank kleine Aufmerksamkeiten, und wenn ich jetzt durch die Straße gehe, fühle ich eine andere Atmosphäre: Die Straße „lebt”.    D.O.

Ich wollte schreien.
Weil ich in einer entfernten Stadt studiere, kann ich nicht oft bei meinem Vater und den Geschwistern sein. Das letzte Mal war das sehr anstrengend. Mein Vater nörgelte ständig an mir herum. Immer wieder erklärte er mir, wie ich die verschiedenen Aufgaben im Haus erledigen sollte – so als wüsste ich das nicht selbst! Einige Verwandte baten ihn kurzfristig um Hilfe bei verschiedenen Aufgaben. Darüber ärgerte er sich und lag mir ständig in den Ohren – so als wäre ich dafür verantwortlich. Ein riesiger Wäscheberg wartete darauf, gebügelt zu werden, und aufräumen sollte ich auch. Ich fühlte mich nicht gerade herzlich empfangen und war stinksauer auf meinen Vater.
Dann erinnerte ich mich daran, dass auch Jesus sich nicht sehr willkommen gefühlt hatte, als er am Kreuz hing. Wahrscheinlich hätte auch er viele Gründe gehabt, seinen Ärger laut heraus zu schreien. Auch er hatte die Erwartungen aller auf sich gefühlt. So verbündete ich mich mit ihm -und fühlte mich nicht mehr allein. Dann versuchte ich, meinen Ärger und meine Unlust zur Seite zu schieben und begann, das Haus aufzuräumen und zu bügeln. Nach einer Weile kam mein Vater dazu und erzählte mir von seinen Sorgen und den Erwartungen, die er von allen Seiten spürte. Gemeinsam konnten wir überlegen, wie er nach und nach allen Bitten nachkommen konnte.
M.R

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, März 2009)
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