1. Februar 2010

Wort des Lebens – Februar 2010

Von nst_xy

„Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.“ (Johannes 10,9)

Jesus stellt sich als derjenige vor, der die Verheißungen Gottes einlöst. Er kommt, um die Erwartungen jenes Volkes zu erfüllen, dessen ganze Geschichte geprägt ist vom niemals widerrufenen Bund mit seinem Gott.
Der Vergleich mit der Tür wird noch verständlicher durch ein anderes Bild, das Jesus gebraucht: „Ich bin der Weg, … niemand kommt zum Vater, außer durch mich.“ (1) Jesus ist also in der Tat der Weg, eine offene Tür zum Vater, zu Gott selbst.

„Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.“

Was bedeutet dieses Wort für unser Leben?
An anderen Stellen ist im Evangelium von der engen Pforte die Rede; nur mit Mühe kommt man durch sie hindurch, um zum Leben zu gelangen. (2)
Vielleicht kommt diese Stelle dem am nächsten, was Jesus über sich selbst sagt, und zeigt uns wie wir dieses „Wort des Lebens“ umsetzen können.
Wann ist Jesus zur weit geöffneten Tür geworden, die uns den Zugang zur Dreieinigkeit ermöglicht? In dem Augenblick, als sich die Tür des Himmels für ihn zu schließen scheint, wird er selbst zur Tür des Himmels für uns alle. Jesus in seiner Verlassenheit (3) ist die Tür, durch die sich der vollständige Austausch zwischen Gott und der Menschheit vollzieht: zum „Nichts“ geworden, eint er die Kinder mit dem Vater. Durch diese Leere – vergleichbar einer geöffneten Tür – kommt der Mensch mit Gott in Berührung – und Gott mit dem Menschen.
Daher ist Jesus gleichzeitig „enge Pforte“ und weit geöffnetes Tor; beides können wir in unserem Leben erfahren.

„Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.“

In seiner Verlassenheit ist Jesus unser Zugang zum Vater geworden. Er hat seinen Teil getan. Um diese große Gnade zu nützen, liegt es an jedem von uns, durch diese Tür hindurchzugehen.
Wie geht das?
Wenn wir plötzlich enttäuscht werden, wenn jemand uns verletzt, wenn ein Un-glück kommt, oder wenn wir plötzlich von einer schweren Krankheit heimgesucht werden, – dann können wir immer an die Leiden Jesu denken. Er hat all diese Prüfungen – und noch unzählige weitere – auf sich genommen.
Ja, er ist gegenwärtig in allem, was schmerzlich ist. Jeder Schmerz, der uns trifft, trägt seinen Namen.
Versuchen wir deshalb, Jesus in allen Bedrängnissen und Engpässen des Lebens zu erkennen, in jedem Dunkel, jeder eigenen oder fremden Tragödie, in den Leiden der Menschheit die uns umgibt. Er hat sie auf sich genommen, sie sind sein. Es genügt, ihm mit Glauben zu sagen: „Du bist mein Herr. Mein ganzes Glück bist du allein.“ (4) Es genügt, etwas Konkretes zu tun, um „seine“ Leiden in denen der Armen und Unglücklichen zu lindern. Auf der anderen Seite der Tür werden wir eine nie gekannte Freude und das Leben in Fülle finden.
Chiara Lubich

Erstmals veröffentlicht in: NEUE STADT, April 1999

1) vgl. Johannes 14,6
2) vgl. Matthäus 7,13
3) vgl. Matthäus 27,46 und Markus 15,34
4) Psalm 16,2

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Januar/Februar 2010)
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