17. Juli 2013

Eine „deutsche“ Entdeckungsreise

Von nst1

Nach einer „Tournee“ durch deutsche Lande haben Fokolar-Präsidentin Maria Voce und Ko-Präsident Giancarlo Faletti einen Auftrag für die Bewegung vor Ort hinterlassen: „Gott aufstrahlen lassen“.

Wenn Besuch kommt, macht man Programme, überlegt sich, was man zeigen und erzählen kann und wen man einladen möchte. Das umso mehr, wenn die Gäste aus einem anderen Land stammen, einem besonders nahestehen oder nur sehr selten kommen.
So in etwa war das auch landauf, landab vor dem Besuch der Fokolar-Präsidentin Maria Voce im Mai in Deutschland. Zusammen mit dem Ko-Präsidenten Giancarlo Faletti war sie gut drei Wochen (in zwei Etappen vom 1. bis 14. Mai und vom 23. Mai bis 3. Juni) quer durchs Land unterwegs. Sie kam dabei keineswegs zum ersten Mal; seit ihrer Wahl im Juli 2008 zur ersten Nachfolgerin der Fokolar-Gründerin Chiara Lubich hatten auch andere Ereignisse sie bereits hierher geführt: 2009 ein ökumenisches Bischofstreffen in Helfta und das zehnjährige Jubiläum der Unterzeichnung der Rechtfertigungserklärung in Augsburg, 2010 der Ökumenische Kirchentag in München.

Doch dieses Mal kam sie nicht aus „offiziellem“ Anlass, es ging ihr vielmehr darum, die Fokolar-Bewegung vor Ort kennenzulernen.

Tatsächlich haben Voce und Faletti es sich für ihre sechsjährige Amtszeit zum Ziel gesetzt, möglichst alle territorialen Einheiten der Fokolare zu besuchen. Sie wollen dabei die Bewegung in ihrer jeweiligen kulturellen Ausprägung kennenlernen und sie in der Übergangsphase nach dem Tod der Gründerin begleiten.
Selbstverständlich hatten sich auch die beiden auf die Reise vorbereitet und gestanden am Ende, dass sie mit einer gespannten Erwartungshaltung gekommen waren, weil sie letztlich doch sehr wenig von diesem Land und seinen Leuten wussten.
Eine vielfältige Entdeckungsreise ist daraus dann geworden: 61 Termine in 22 Tagen; darunter große „Familien“-Treffen mit den Angehörigen der Bewegung im Osten, Nordwesten, Süden und in der Ökumenischen Siedlung Ottmaring bei Augsburg genauso wie Grillfeten und Begegnungen mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Priestern, Ordensleuten, Familien und gesellschaftlich engagierten Mitgliedern. Die Gäste trafen aber auch Menschen, die sich aus unterschiedlichen, zum Teil schmerzhaften Gründen wieder aus der Fokolar-Bewegung verabschiedet hatten.

Es gab Besichtigungstouren wie in Heidelberg, Leipzig und Berlin, bei denen Voce und Faletti Einblicke in die deutsche Geschichte bekamen und unterstrichen: „Die Deutschen wissen durch ihre Erfahrung, wie schmerzlich Trennung und Spaltung sein kann. Sie wissen aber auch, dass keine von Menschenhand errichtete Mauer für immer Bestand hat.“
Trotz des inoffiziellen Charakters der Reise gab es auch „offizielle Momente“: so die Begegnung mit dem Apostolischen Nuntius Jean-Claude Périsset in Berlin und eine Veranstaltung in der dortigen Katholischen Akademie, bei der Maria Voce über die Dialog-Erfahrung der Bewegung sprach; die Gäste trafen unterwegs Bischöfe: den katholischen Ökumene-Bischof Gerhard Feige von Magdeburg, die Bischöfe Joachim Wanke (em.) und Reinhard Hauke in Erfurt, Heinrich Mussinghoff in Aachen, Erzbischof Robert Zollitsch in Freiburg und Konrad Zdarsa in Augsburg.
Es gab intensive Austauschrunden wie die mit Wegbegleitern von Klaus Hemmerle, dem verstorbenen Bischof von Aachen und „Mitbegründer der Fokolar-Bewegung“, oder evangelischen Angehörigen der Bewegung.
Voce und Faletti besuchten Projekte, in denen sich die Spiritualität der Bewegung konkretisiert: den Starkmacher e.V. in Mannheim 1); ein Bürogebäude in Augsburg, wo sich zwei Firmen zusammengetan haben, die sich an den Prinzipien der „Wirtschaft in Gemeinschaft“ orientieren 2); ein Wohnprojekt für Senioren in Augsburg 3); das „Zentrum für Spiritualität“ in Ottmaring 4).

Reden, Vorträge, Antworten auf Fragen, persönliche Gespräche, Diskussionen, Grußbotschaften – und am Ende dann bei einer Begegnung in Ottmaring die Frage, ob sie die wichtigsten Eindrücke und Erfahrungen dieser Reise vielleicht in wenigen Worten zusammenfassen könnte. Maria Voce konnte, und sie hat dafür streng genommen nur drei Worte gebraucht: „Gott aufleuchten lassen“.

Doch zuvor unterstrich die Fokolar-Präsidentin, dass sie und Giancarlo Faletti tief eingetaucht waren in die verschiedenen deutschen Gegebenheiten. „Wir haben dabei sehr viele Schätze entdeckt: Treue, Zuverlässigkeit, Talente; die Fähigkeit, sich zu organisieren, die verschiedenen Situationen anzugehen, unterschiedliche Tatsachen zu begreifen, von innen her zu verstehen und in sich aufzunehmen.“ Sie fährt fort: „Etwas, was mich auch sehr beeindruckt hat, ist die kulturelle Tiefe, die ihr an den Tag legt, die Fähigkeit, Probleme von Grund auf anzugehen, nicht darüber hinweg zu huschen.“ Aber, so mahnte sie, „manchmal kann das natürlich auch zu einer Schwäche werden und zu einer gewissen Sturheit führen … Das kann einen einengen oder gar blockieren, angesichts eines Problems oder einer schwierigen Situation.“ Und mit scherzhaftem, zugleich ernstem Unterton sagte sie: „Ihr dürft ruhig ab und zu auch den lieben Gott einmal etwas machen lassen!“ Ihr Wunsch an die Bewegung in Deutschland war deshalb, „die immer tiefere Überzeugung, dass auf euren Fähigkeiten die Größe Gottes aufstrahlen kann!“ – Einige hielten da fast die Luft an: den Menschen zeigen, was Gott Großes vollbringen kann, ist schließlich kein kleiner Auftrag, trotzdem hat es auch etwas Befreiendes: „Man muss nicht alles selbst machen!“
Und als Giancarlo Faletti die Reise als einen „echten Glückstreffer“ bezeichnete, traf diese Einschätzung damit das, was viele Angehörige der Bewegung in Deutschland auch aus ihrer Perspektive voll und ganz teilen können.
Gabi Ballweg

1) starkmacher.eu
2) thebox-augsburg.de/box und edc-online.org/de
3) neuestadt-online.de/de/index.php/2011/01/senioren-miteinander-fureinander
4) fokolarpriester.net/zsp.html

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juli/August 2013)
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