17. Juni 2014

Einheit hinter Gegensätzen

Von nst1

Zur Kirche gehören Menschen, die bewahren wollen, und andere, die stark auf Veränderung drängen. Wie gehen Sie in Ihrer Gemeinde damit um?

Seit den Zeiten der Apostelgeschichte kennen die christlichen Gemeinden unterschiedliche Ansichten über den rechten Weg der Kirche. Meinungsverschiedenheiten gehören wohl zum Programm der Fleischwerdung, das Gott in Jesus Christus beginnt und in seiner Kirche fortführt. Gott verbindet und verbündet sich mit dem Menschen, der schwach und unvollkommen ist, aber auch eine große Vielfalt zeigt.
Jegliche Bemühung, Unterschiede einzuebnen, liegt neben der Sache. Spannungen und Konflikte dürfen sein. Allerdings müssen sie in der richtigen Richtung stehen. Fatal ist es, wenn das durchaus wohlmeinende „Ich“ die Richtung vorgibt. Dann geht es darum, die eigene Ansicht durchzusetzen, möglichst viel zu erreichen, viele zu überzeugen.
Es besteht immer die Versuchung, dass wir uns in der Kirche zu viel von den Mechanismen der Welt abschauen, die uns umgibt. Die Gefahr des Lagerdenkens und verhärteter Fronten ist groß. In der christlichen Gemeinde muss es anders zugehen 1). Die Richtung, in die wir gemeinsam schauen müssen, ist die „Einheit hinter den Gegensätzen“. Was Hermann Hesse mit diesem Begriff sucht, hat für uns einen Namen: Jesus Christus. Er ist der Weg der Menschheit, der Kirche und jeder Gemeinde 2). Die Suche nach dem Angesicht des Herrn in allem 3) führt in eine Tiefe, in der Spannungen sich zwar nicht immer auflösen, doch zumindest ausgehalten werden können 4).
Entscheidend ist, einander den Glauben und den guten Willen nie abzusprechen und in aller Unterschiedlichkeit je neu aufeinander zuzugehen. Als Pfarrer bin ich deshalb darauf bedacht, dass wir immer wieder zusammenkommen, um Jesus Christus gemeinsam zu loben und anzubeten, um in seinem Namen zu bitten und ihn in unserer Mitte zu halten 5). Konflikte verschwinden dann nicht immer, aber sie verlieren ihre zersetzende Kraft.
Udo Stenz

1) vgl. Markus 10,43
2) vgl. Johannes 14,6
3) vgl. Psalm 27,8
4) vgl. Apostelgeschichte 15
5) vgl. Matthäus 18,20

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juni 2014)
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