27. September 2016

Das besiegelten wir mit Handschlag.

Von nst1

 Erfahrungsberichte: Leben nach dem Wort Gottes 

Das besiegelten wir mit Handschlag.

Am späten Abend hörte ich einen lauten Knall. Jemand hatte in unserem Altenheim einen Fußball an die Scheibe meiner Nachbarn geschossen. Die blieb zwar ganz, aber ein Blumentopf ging zu Bruch; der Ball lag vor der Tür. Große Aufregung!
Am Abend danach saß ich vor meiner Haustür im ersten Obergeschoß. Da kam ein Bursche mit leicht dunkler Hautfarbe, ausländischem Akzent, etwa 16/17 Jahre alt, die Mütze schräg auf dem Kopf, und fragte schroff nach dem Ball, den er sofort zurückhaben wolle. Ich erklärte ihm, dass das so nicht ginge. Schließlich habe er uns in große Aufregung versetzt. Der Ball war außerdem beim Nachbarn.
Zusammen gingen wir hin. Dort wiederholte der junge Mann seine Forderung, jetzt freundlicher. Als wir auf einer Entschuldigung bestanden, erklärte er uns, dass er Praktikant im Jugendclub nebenan sei und es ihm sicher nicht gelingen werde, unter den vielen Jugendlichen den Täter auszumachen. Wir zeigten Verständnis und ließen es gelten, dass er sich für den Täter entschuldigte und uns versprach, dafür zu sorgen, dass so etwas nicht mehr passiert.
Ganz erleichtert versicherte er uns, dass er mit seinen Leuten auf unser Haus aufpassen wolle, und bedankte sich für unsere Fairness ihm gegenüber. Das besiegelten wir mit kräftigem Händedruck. Danach eilte der Bursche freudestrahlend hinunter und in den Club zurück, um „die Trophäe“ zurückzubringen.
H.E

Nur ein kleiner Kratzer

Die Anfrage im Kommentar zum Wort vom August ging mir nach: „Lassen wir uns wirklich von Jesus, unserem Meister, etwas sagen?“ – Freilich, ich sage Gott jeden Morgen, dass ich jeden Augenblick seinen Willen tun will und nicht nur für mich, sondern auch für die anderen leben will. Und ich mach’ das nicht leichtfertig; dennoch ist das Leben oft anders.
In der Folge versuchte ich, mir ein konkretes Wort Jesu ins Gedächtnis zu rufen, quasi als Richtschnur für mein Tun. Sofort kam mir dieser Satz in den Sinn: „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“ Da ging es dann plötzlich nicht mehr, dass ich mich meinem „Genervt sein“ hingab, weil mein Mann mir mal wieder nicht zugehört hatte. Sondern ich bemühte mich, trotzdem nett zu bleiben und geduldig ein weiteres Mal zu erzählen.
An einem anderen Tag verfügte ich nicht über sehr viel inneren Schwung; alles strengte mich an. Ich wollte eben noch kurz etwas erledigen. Nachdem ich in meiner Parklücke gelandet war, hatte ich das Gefühl, dass etwas nicht gestimmt hatte. Am Auto neben mir entdeckte ich einen kleinen Kratzer. „Das ist ja kaum der Rede wert“, dachte ich zunächst. Dann erschrak ich über mich selbst. Mir war klar, dass Jesus, mein Lehrer, so nicht handeln würde.
Also behielt ich den anderen Wagen im Auge. Schnell kam der Besitzer, dem ich mein Malheur beichtete. Er war total nett und beruhigte mich sogar noch. Aber natürlich wollte er den Wagen in die Werkstatt bringen und reparieren lassen. Aber ich war froh, weil ich nicht meinem ersten Impuls gefolgt war. Das Ganze hat mir gezeigt, wie schnell man, bei allen guten Absichten, in die Lage kommen kann, wo man gar nicht tun will, was Gott möchte, weil es so viel kostet.
T.M

Die waren ganz schön aufgeregt.

Eigentlich sollten sich die sechs Asylanten bei unserem Pfarrfest vorstellen. Aber nach den Anschlägen der letzten Zeit hatte die Pfarrgemeinderatsvorsitzende große Bedenken. Sie wollte sich noch einmal mit den Pfarrgemeinderäten absprechen. Ich schlug vor, dass ich jemanden, der total dagegen wäre, zu einem Besuch bei den Flüchtlingen einladen würde.
So kam der Tag. Zur vereinbarten Zeit mussten zwei der Asylanten noch unbedingt Lebensmittel im Nachbardorf einkaufen. Die Verspätung würde mindestens eine Stunde ausmachen. Ich musste erst die paar Schritte zu mir nach Hause gehen, um innerlich ein wenig runterzukommen. Mir kam ein Gedanke von Madeleine Delbrêl, den ich mir für diesen Tag vorgenommen hatte: „für den Heiligen Geist offen, verfügbar und lenkbar“ sein. Der ganze Zeitplan schien mir durcheinanderzugeraten. Wozu sollte das gut sein?
Ich habe dann noch in Ruhe im Garten und auf dem Balkon gegossen und mit dem sprachlich schwächsten Asylanten die deutschen Sätze für die Vorstellung geübt. Als wir mit anderthalb Stunden Verspätung zum Pfarrfest kamen, hatten alle Gäste ihr Steak oder Würstchen gegessen und ihr erstes Getränk getrunken. So waren sie vielleicht noch „bereiter“ für unsere Afghanen. Diese waren ganz schön aufgeregt; vor so vielen Leuten zu sprechen, waren sie nicht gewohnt. Doch die Pfarrfestbesucher applaudierten bei jeder Vorstellung. Unsere jungen Männer setzten sich dann zu zweit oder dritt an verschiedene Tische. Mit Deutsch, Englisch oder Gebärden war bald der Bann gebrochen.
G.W.

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, September 2016)
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