WORT DES LEBENS – PLUS
Alles gut?
„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht.“
Dieses Gotteswort aus dem Römerbrief losgelöst von seinem Kontext zu betrachten, birgt Gefahren. Wenn wir die Verse 18 bis 27 und 29 bis 39 nicht mitlesen, kann es sein, dass wir das „Wort des Lebens“ für den Monat Oktober völlig falsch verstehen. Dann wird unser Bibelwort bei allem Leid um uns herum und bei allem Schweren im eigenen Leben zu einem Wort, das uns auffordert, optimistisch zu sein: Am Ende wird schon alles gut gehen. Aber das ist nicht die Botschaft!
Paulus erklärt im Kontext von Römer 8,28, dass die ganze Schöpfung auf Befreiung wartet, dass sie seufzt und stöhnt. Das ist Fakt, niemand kann dem entfliehen. Jedes Leben kennt dunkle Zeiten, und am Ende wird gar nicht immer alles gut.
Dieser Gedanke könnte uns resignieren lassen, wenn der Apostel Paulus hier stehen geblieben wäre. Ist er aber nicht. Er motiviert: Vergesst dieses Eine nicht, dass wir Gottes geliebte Kinder sind. Wir leiden wie alle anderen Menschen auch. Wir haben Schicksalsschläge auszuhalten, aber wir hören nie auf, Gottes geliebte Kinder zu sein! Das ist in den Zeiten der Dunkelheit unsere Hoffnung. Wir können noch nicht sehen, wie sich diese Hoffnung entfaltet. Aber sie ist da, sie trägt und sie ist uns Kraft. Das führt Paulus am Ende des 8. Kapitels noch einmal aus: „Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn“, heißt es in der Lutherübersetzung von 2017.
Was haben wir für Zeiten erlebt: drei Corona-Wellen und Mitte Juli die großen Fluten, die viele Menschen in den Tod rissen, Haus und Hof vernichtet haben. Hinter allem, was uns Menschen an Negativem widerfährt, kann nicht als Ergebnis stehen: Alles gereicht zum Guten. Nein, das Seufzen und Stöhnen der Schöpfung ist allen Menschen zu eigen, ob Christ oder Nichtchrist. Römer 8 sagt: Das Dunkle ist Teil unseres Lebens, unser Kreuz. Aber ist es nicht das Kreuz, das unseren Blick in eine neue Richtung lenkt? Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes! Was auch immer uns schaden will, was unser Leben schmerzhaft macht, treibt uns nur tiefer in die Arme Gottes. Darum können Christenmenschen sagen, dass uns – die wir Gott lieben – alles zum Guten gereicht. Das Gute ist nicht, dass wir vor Leid und Schmerz bewahrt bleiben oder möglichst schnell herausgeführt werden. Das Gute, von dem Paulus hier spricht, ist, dass wir in jeder Lebenslage ein so unglaublich tragfähiges Fundament haben: Die Liebe Gottes zu den Menschen! Unumstößlich. Felsenfest. Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Jörg Schlüter
(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, September/Oktober 2021)
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