1. April 2022

Passiert

Von nst5

Aus dem Leben mit dem Wort

Illustration: (c) ngupakarti (iStock)

Meine Freundin und ich wollten in der Schule Schach spielen. Als ich in die Bibliothek kam, lag nur noch ein Schachbrett im Regal. Ich nahm es mir und wollte gerade gehen, als zwei Mädchen in die Bibliothek kamen. Auch sie wollten das Schachbrett haben.  Erst wollte ich es ihnen nicht geben, aber dann dachte ich daran, was Jesus an meiner Stelle getan hätte. Ich gab ihnen das Schachbrett und sie bedankten sich. Als ich ohne Schachbrett aus der Bibliothek kam, schlug ich meiner Freundin vor, auf dem Pausenhof zu spielen.
Klara (13)

Wir haben seit diesem Jahr ein „Stand-up-Paddle“. Meine Familie und ich sind damit an einen See gefahren. Dort hatten wir uns mit Freunden verabredet. Mein Freund und ich waren fast die ganze Zeit auf dem Paddle. Nach einiger Zeit auf dem Wasser sahen wir einen Jungen. Er schien unterzugehen. Es war niemand in der Nähe, der ihm helfen konnte. Deshalb paddelten wir schnell zu ihm und zogen ihn auf unser Brett. Als wir an Land kamen, rannte die Mutter des Jungen schon auf uns zu. Sie hatte gesehen, dass wir ihrem Sohn geholfen hatten. Sie bedankte sich bei uns und half uns danach auch noch, unser Paddle wieder zusammenzupacken. Wir waren dankbar, dass wir dem Jungen helfen konnten, und so wurde unser Nachmittag besonders schön.
Lukas (11)

Für meine Arbeit reise ich beinahe jede Woche mit dem Flugzeug. So kenne ich die Formalitäten am Flughafen sehr gut und bemühe mich, diese schnell hinter mich zu bringen. Vor allem die Sicherheitskontrolle stellt oft eine Geduldsprobe für mich dar. Als ich neulich eher unfreundlich angesprochen wurde, wollte ich zunächst im selben Ton antworten, hielt jedoch inne und fragte mich, wie ich reagieren würde, wenn ich jetzt einen guten Freund – oder vielleicht sogar Jesus – vor mir hätte. Mir wurde bewusst, dass ich die Menschen vor mir gar nicht richtig wahrnahm, sondern nur auf eine rasche Abwicklung bedacht war. Da räumte ich meine leeren Transportbehälter selbst auf und bedankte mich mit einem freundlichen Lächeln bei der Mitarbeiterin hinter dem Scanner. Sie lächelte verdutzt zurück und bedankte sich im Gegenzug bei mir – was mich glücklich schmunzeln ließ. Seitdem freue ich mich schon fast auf die nächste Sicherheitskontrolle.
M.G.

Wenn ich das Leben des letzten Jahres Revue passieren lasse, stelle ich fest, dass die Umstellung des Lebensrhythmus oft hart und ermüdend war. Aber es stimmt auch, dass sie frischen Wind in unsere Familie gebracht hat. Wir haben neue Wege des Miteinanders entdeckt, Bedürfnisse, die wir vorher nicht bedacht hatten. So hatten wir mit unseren Kindern wenig über unseren Glauben gesprochen. Jetzt waren wir konfrontiert mit eigenen Schwächen, Ängsten von globalem Ausmaß, Fragen, auf die es keine schnelle Antwort gab. Das Unbekannte verwirrte uns alle. Alles veränderte sich langsam, als wir uns die Frage nach dem Sinn des Geschehens stellten und uns nicht mehr nur in der Familie gegenseitig unterstützten, sondern auch andere. Am Ende des Jahres stellten wir fest, dass wir die Menschheit mehr als vorher als eine Familie betrachteten.
R.F.

Seit einigen Jahren lebe ich in Thailand. Ein Mann war mir aufgefallen. Er lebt allein in einer schmutzigen Hütte, halb gelähmt, fast nur Haut und Knochen. Er muss knapp über 60 Jahre alt sein, sieht aber viel älter aus. Als ich ihm das erste Mal etwas zu essen und Kleidung brachte, schlug ich vor, dass wir gemeinsam beten. Als ich ging, bat ich ihn um einen Segen. Er wirkte überrascht, denn ich war Ausländer und in seinen Augen reich. Ich hob seine gelähmte Hand und führte sie zum Kreuzzeichen auf meinem Kopf. Er sah mich mit Augen voller Freude, Überraschung und Tränen an. Ich gehe jetzt wöchentlich zu ihm. Die einzige Möglichkeit, ihm näher zu kommen, ist mich hinzuknien. Dabei denke ich oft: „Hier bin ich, Herr, und knie vor dir.“
L.B.

Auf dem Heimweg hatte ich mir einen Hamburger gekauft und freute mich aufs Abendessen. Vor mir war ein Lastwagen auf der Straße, der sich wohl verfahren hatte. Der Fahrer bat mich mit Winkzeichen anzuhalten. Er suchte einen Parkplatz für die Nacht. Ich half ihm, einen geeigneten Platz in unserem Dorf zu finden. Als ich weiterfuhr, kam mir der Gedanke, dass er bestimmt Hunger haben würde. Ich hatte ja noch den Hamburger. Also fuhr ich zurück zum Truck. „Hier gibt’s was zu essen!“, sagte ich und reichte ihm meinen Hamburger. Er sah mich überrascht an und lächelte dankbar. Dann fuhr ich nach Hause. Ich hatte eine Riesenfreude im Herzen, auch ohne Hamburger in meinem Magen.
T.Z. (Tschechische Republik)

Mein Vater ist seit längerer Zeit an einem Hirntumor erkrankt. Über Weihnachten waren auch alle meine Geschwister zu Hause. Wir haben die meiste Zeit zusammen verbracht – zehn Personen. Am Ende haben sie beschlossen, auch über Neujahr zu bleiben. In dieser Zeit hat sich der Zustand unseres Vaters plötzlich sehr verschlechtert. Es ist sehr schwer, das zu akzeptieren. Aber in unserem Schmerz fanden wir unter uns eine neue Ebene der Liebe, der Nähe und der Hoffnung. Wir hatten viele berührende Momente besonderer Nähe. Nach vielen Jahren begannen wir wieder, abends gemeinsam zu beten. In diesen Momenten haben wir Gott sehr nahe gespürt.
M.A.

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, März/April 2022)
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