2. Juni 2022

„Führe zusammen“

Von nst5

Offener Brief an Georg Bätzing

Sehr geehrter Bischof Bätzing!
Offene Briefe haben Sie in letzter Zeit ja einige bekommen. Wenn jetzt auch von uns einer kommt, dann weil  wir Ihnen danken möchten für die besonnene Art, mit der Sie in der deutschen Kirche und in die Weltkirche hinein immer wieder Brücken bauen.
Als Sie 2016 zum Bischof in Limburg geweiht wurden, wählten Sie als Leitspruch für Ihren Dienst: „Führe zusammen“. Das kann wohl als Zeichen dafür gewertet werden, wie sehr Ihnen die Einheit der Kirche am Herzen liegt und wie sehr Ihnen bewusst ist, dass sie keine Selbstverständlichkeit ist. Der Vers aus dem Trierer Pilgergebet sei ein Stoßgebet, weil es den Menschen aus eigener Kraft nicht gelingen könne, Verschiedenheit auszuhalten und Vielfalt als Reichtum zu begreifen, Versöhnung und Verbundenheit zu stiften und Menschen, Meinungen, Lebensstile, Weltanschauungen und religiöse Überzeugungen zusammenzubringen, erklärten Sie damals in Ihrer ersten Ansprache.
 Wir können nur vermuten, dass Ihnen mit Blick auf Ihre neue Diözese Limburg, die durch die Geschehnisse um Ihren Vorgänger gezeichnet war und als gespalten galt, durchaus bewusst war, vor welchen Herausforderungen Sie in Ihrem Dienst stehen würden. Die sind sicher nicht kleiner und auch nicht weniger geworden, seit Sie 2020 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und damit auch einer der beiden Präsidenten des Synodalen Weges in Deutschland wurden.
Mit Ihrer gewinnenden, geerdeten und heiteren Art sind Sie den Menschen nah. Sie suchen das Gespräch, können zuhören, scheuen aber auch vor offenen Worten nicht zurück. Sie haben den Mut, eigene Positionen, Überlegungen und Betroffenheiten zu äußern. Diese vermitteln Sie aber glaubwürdig als Einladung zum Gespräch und als Beitrag zum gemeinsamen Nachdenken. Man nimmt Ihnen ab, dass auch Sie dabei Lernender sind, bereit, sich treffen zu lassen von den Nöten und Argumenten Ihrer Gesprächspartner.
Die Spannungsfelder in der Kirche in Deutschland sind vielfältig – der 2019 begonnene Synodale Weg war und ist wie jeder gemeinsame Weg ein Wagnis. Keiner weiß, wie er ausgehen wird. Aber was wäre die Alternative? Den Beteiligten ist zwar klar, dass die dort erarbeiteten Reformvorschläge auch in die Überlegungen der Weltkirche eingehen müssen; doch von außen wird das häufiger angezweifelt. Auch die Beziehungen nach Rom sind immer wieder einmal getrübt. Dass es jetzt zu einem regelmäßigen Austausch zwischen dem Präsidium des Synodalen Weges und dem Sekretariat der Weltbischofssynode kommen wird, ist Ihnen zu verdanken. Sicher hat das Zeit, Geduld, Fingerspitzengefühl, Kräfte und viel Dialogbereitschaft erfordert. Genauso wie die Antworten auf die in „Offenen Briefen” geäußerten Bedenken der Bischöfe aus Polen und den „Nordischen Ländern“.
Brückenbauer sind Menschen, die sich in den Dienst nehmen lassen, Vermittler, die sich in Spannungen stellen und sich aus- und einspannen lassen. Das können sie, weil sie sich gehalten wissen und in einer festen Verankerung leben. Von Ihrer Verankerung in Gott geben Sie immer wieder Zeugnis.
Dafür und für Ihren wertvollen Dienst danken wir Ihnen sehr herzlich und wünschen Ihnen dafür Kraft und Segen – und dass Ihnen der Humor nicht verlorengeht!

Mit freundlichen Grüßen

Gabi Ballweg,
Redaktion NEUE STADT

Foto: (c) Bistum Limburg

Georg Bätzing
Jg. 1961, hat in Trier und Freiburg Theologie und Philosophie studiert. 1987 wurde er in Trier zum Priester geweiht. Er war dort später unter anderem Regens des Priesterseminars und Generalvikar. 2016 wurde er zum Bischof von Limburg geweiht. Seit März 2020 ist er Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und damit auch einer der Präsidenten des „Synodalen Weges“ in Deutschland.




(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Mai/Juni 2022)
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