4. Oktober 2022

9 Fragen an Yuliia Berdiiarova

Von nst5

Yuliia Berdiiarova

Fotos: (c) Guido Schiefer

28, ist eine ukrainische Kuratorin. Zu Beginn des Kriegs ist sie über Lemberg, Warschau und Berlin nach Köln geflohen. Bis dahin hatte sie am Museum der Bildenden Künste in Odessa und am Mystetskyi Arsenal in Kiew als Kuratorin und Kunstvermittlerin gearbeitet. In ihrer Heimatstadt Odessa hatte sie zuvor Kunsttheorie, Kunstgeschichte und Cultural Studies studiert. Seit Juni ist sie Kuratorin am Museum Ludwig in Köln, wo sie unter anderem ein Ferienprogramm für geflüchtete ukrainische Kinder und ihre Familien organisiert hat.

Worüber ich herzlich lachen kann?
Ich finde so vieles lustig; manchmal kann es auch nur die Geschichte eines verspäteten Zuges sein, was mir in Deutschland ziemlich oft passiert.

Was mich ärgert?
Die Missachtung von persönlichen Grenzen und mangelndes Einfühlungsvermögen.

Meine wichtigste Erfahrung?
Leider ist die wichtigste Erfahrung für mich jetzt der Krieg. Obwohl es eine schlechte Erfahrung ist, hat sie auch Vorteile: Sie hilft, sich auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu konzentrieren. Vielleicht ist mein Motto jetzt: „Priorität gibt es nicht im Plural.“

Meine Schwäche?
Die Franzosen nennen es „esprit de l’escalier“: Manchmal finde ich das richtige Argument erst nach einer Diskussion.

Meine Stärke?
Ich bin eine Mediatorin, die gegensätzliche Standpunkte sieht und anhört und Verbindungen zwischen Unterschiedlichem oder auch Ähnlichem findet.

Mein Lieblingsort?  
Meine Heimatstadt.

Warum mir Kunst so wichtig ist?
Kunst ist ein Hilfsmittel, um Geschichten über uns zu erzählen. Manchmal hilft sie auch zu verstehen, was es bedeutet, ein menschliches Wesen zu sein. Ich denke, das ist das Wichtigste an der Kunst: Sie ist ein Ort, an dem man ein Gespräch beginnen kann.

Woraus ich Kraft schöpfe?
Meine Freunde, meine Familie, mein Land helfen mir, zuversichtlich zu bleiben.

Was mir Sorgen macht?
Dass ich alles verlieren kann, was ich wirklich liebe.


(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, September/Oktober 2022)
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