4. Oktober 2021

Passiert

Von nst5

Aus dem Leben mit dem Wort

Weil sie einen schlimmen Asthmaanfall hatte, musste ich mit meiner fünfjährigen Tochter stationär ins Krankenhaus. Innerhalb weniger Stunden verschlechterte sich ihr Zustand enorm, sodass sie auf die Intensivstation verlegt werden musste. Es waren fünf schwierige Tage mit Angst, Schmerzen und großem Bangen, bis sie endlich stabil war. Wir beide waren sehr erleichtert, als wir endlich auf Normalstation verlegt werden konnten. Dort saßen wir gemeinsam beim Mittagessen auf der Bettkante. Ich schaute sie an und sagte: „Weißt du was? Wir sind ein ganz tolles Team. Wir zwei haben jetzt richtig viel zusammen durchgestanden.“ Ohne zu zögern, antwortete sie: „Aber Mami, warum nur zu zweit? Wir sind doch zu dritt!“ – „Warum?“, fragte ich völlig erstaunt. „Mama“, antwortete sie wie selbstverständlich, „der liebe Gott ist doch auch in unserem Team.“
M.S.

Völlig unerwartet schrieb mir mein Sohn eine Mail, die mich sehr belastete. Gegen eine bestimmte Aussage konnte ich mich nicht wehren. Traurigkeit wollte sich in mir ausbreiten. Ich las in einer Betrachtung zu einem Bibeltext folgenden Gedanken: „Gott ist bereit, unsere Sorgen auf sich zu nehmen, damit wir nicht um uns selbst kreisen, sondern frei sind für den Nächsten.“ Ich vertraute Gott die Situation an. Danach rief ich eine alte Dame an, schrieb einen Brief, machte einen Hausbesuch. Am Abend hatte ich den Eindruck, trotz der belastenden Mail zu mir selbst und zu anderen gefunden zu haben.
A.T.

Ein Verwandter war eine Woche zu Besuch. Bei einem lockeren Gespräch sagte er: „Du bist blöd!“ Ich war zutiefst getroffen. „Ich muss erst mal an die Luft“, beendete ich das Gespräch abrupt. Bei einem langen Spaziergang bat ich den Heiligen Geist um Hilfe. Langsam wuchs in mir die Lösung: „Ich werde ihm sagen, dass er mich sehr verletzt hat.“ Diesem ersten Gedanken fügte sich dann ein weiterer hinzu: „Ich verzeih’ ihm und werde ihm sagen, dass ich ihn trotzdem gernhabe.“ Danach konnte ich ihm die restliche Zeit seines Besuchs wieder frei begegnen.
W.G.

An einer Straßenkreuzung saß ein „Tippelbruder“. Er sprach vor sich hin, war ganz abgemagert und hatte lange graue Haare. Er schien so isoliert angesichts der vielen Menschen, die sich nicht für ihn interessierten. Zugleich erlebte ich ihn so sehr „in sich versunken“, dass es mir komisch vorkam, ihn anzusprechen. Was hätte ich auch sagen sollen? Auf dem Rückweg kam ich wieder an ihm vorbei. Mittlerweile hatte er sich hingestellt. Er schaute gelassen und irgendwie strahlend auf die Menschen, die an ihm vorbeiliefen. Das war meine zweite Chance! Ich nutzte sie und warf einen Euro in seinen Becher. Dann schaute ich ihn an und sagte: „Danke, dass Sie so fröhlich schauen!“ Er sah mich erstaunt an und erwiderte: „Danke gleichfalls!“
E.K.

Eine afrikanische Freundin besuchte uns. Sie arbeitet hart und schickt das meiste Geld in die Heimat, um ihre Enkelkinder zu unterstützen. Bedingt durch Corona hatte sie große Verdienstausfälle. Wir beschlossen, ihr finanziell zu helfen. So übergab ich ihr einen Umschlag mit Geld. Einige Zeit später stand sie wieder vor unserer Tür. Sie war ganz aufgewühlt: Ihr fünfjähriger Enkel war an Hirnhautentzündung erkrankt. Ohne Anzahlung hatte man eine effektive Behandlung verweigert. Der Zustand des Kleinen verschlechterte sich und wurde lebensbedrohlich. Durch unser Geld, das sie weitergeleitet hatte, konnte er behandelt werden und war inzwischen auf dem Weg der Genesung.
A.K.

Illustration: (c) FrankRamspott (iStock)

Meine Großmutter hatte mir einen großzügigen Geldbetrag gegeben. Ich hatte bereits überlegt, wie ich ihn verwenden würde. Dann besuchte ich einen Freund. Er erzählte mir von den Problemen der Familie: Der Vater war arbeitslos und sie konnten sich nur eine Mahlzeit am Tag leisten. Auf dem Rückweg kamen mir Erfahrungen in den Sinn, die ich in einem Buch gelesen hatte. Es ging um Worte aus dem Evangelium. Mir wurde bewusst, dass ich manche nie ernst genommen hatte, wie „Gebt und es wird euch gegeben werden.“ Dieses „Geben“ hämmerte in mir. Am nächsten Abend ging ich wieder zu meinem Freund und ließ ihm alles da, was ich in der Brieftasche hatte. Er war überrascht. Ich spürte unbändige Freude. Aber damit nicht genug. Ein paar Tage später erhielt ich einen unerwarteten Anruf einer Zeitschrift: Sie wollten einige meiner Texte veröffentlichen – und bezahlten gut dafür.
V.I. – Italien

Ursprünglich war ich Krankenschwester, hatte aber den Beruf gewechselt. Nun war ich beeindruckt von der Tatsache, dass so viele Ärzte und Krankenschwestern in der Pandemie ihr Leben riskierten. Deshalb beschloss ich, mich in einem Krankenhaus als „Ersatz“-Schwester zu melden. Tatsächlich wurde ich vor Kurzem gebeten, einmal in der Woche auf der Intensivstation auszuhelfen. Das ist eine große Herausforderung für mich. In den letzten Jahren hat sich in der Krankenhausausstattung und der Pflege viel verändert. Auch wenn ich viel neu lernen muss, freue ich mich, helfen zu können. Noch mehr jedoch darüber, dass meine Kinder mir sagten, sie seien stolz auf mich.
M. – Tschechische Republik

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, September/Oktober 2021)
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