10. April 2010

Nichts zu verlieren

Von nst_xy

In den vergangenen Jahren war für die Deutschen beim Eurovision Song Contest nichts zu holen. Ein Fall für Stefan Raab.
Unser Star für Oslo“, so hieß der deutsche Vorentscheid für den Eurovision Song Contest, der im Mai in Oslo ausgetragen wird. Dass Castingshows Stars hervorbringen können, ist mehr als zweifelhaft. Man schaue sich nur die „Erfolge“ der Gewinner von Deutschlands beliebtesten Talentsendungen an. Dass man aber durchaus talentierte junge Sänger finden kann, beweist Stefan Raab mit „Unser Star für Oslo“. Da ging es endlich mal wieder um Musik, Gesang, Songauswahl, Talent und nicht um den Unterhaltungsfaktor, das Gesamtpaket oder gar eine medienwirksame Biografie.
Fast schon bieder und langweilig kamen die Kandidaten rüber: keine Knastgeschichten, kein Leben von Hartz IV, keine Träume vom großen Durchbruch im Musikbusiness und kein Festhalten an der letzten Chance, noch etwas aus seinem Leben zu machen. Bei den Live-Sendungen erschienen die Kandidaten ungewohnt lässig; als ob das alles ein großes Spiel sei und in der Gewissheit, dass das Leben danach – zumindest für die meisten – ganz normal weiter gehen würde. Auch die Songauswahl war bei den meisten Kandidaten unkonventionell. Da wurden auch unbekannte Lieder gesungen, und sogar Eigenkompositionen waren erlaubt.

Stefan Raab gilt als Erfolgsgarant in Sachen Eurovision Song Contest. Er ist dort mehrere Male angetreten als Komponist, Texter, Dirigent und auch als Künstler und schaffte es dabei immer unter die besten acht. Mit „Wadde hadde dudde da?“ erreichte er als Interpret sogar Platz fünf. Außerdem bewies er mit seinen eigenen Castingelementen in seiner Sendung TV-Total Gespür für Künstler. So belegte der von ihm gecastete Max Mutzke beim Eurovision Song Contest 2004 Platz acht. Für sein Konzept SSDSGPS (Stefan sucht den Super-Grand-Prix-Star) wurde Stefan Raab mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet. 2005 rief er den Bundesvision Song Contest ins Leben, bei dem Vertreter der 16 Bundesländer antreten. Die Idee dahinter ist, die deutschsprachige Musik zu fördern. Bedingung ist, dass mindestens 50 Prozent des Textes auf Deutsch sein müssen.
Für „Unser Star für Oslo“ gingen die beiden Fernsehsender ARD und ProSieben zum ersten Mal eine Kooperation ein. In acht Live Shows konnten die Zuschauer ihren Favoriten aus 20 Kandidaten auswählen. Eine Jury bestehend aus Stefan Raab und wechselnden Gastjuroren wie Peter Maffay, Barbara Schöneberger, Anke Engelke, Jan Delay, Cassandra Steen, Marius Müller-Westernhagen und Xa- vier Naidoo gaben ihr Urteil über die Auftritte der Kandidaten ab, hatten aber keinen direkten Einfluss auf die Entscheidung.
Am Ende entschieden die Zuschauer nicht nur, wer für Deutschland in Oslo an den Start geht, sondern auch mit welchem Lied. Das Ergebnis: Die 18-jährige Lena Meyer-Landrut wird Deutschland am 29. Mai in Oslo mit dem Lied „Satellite“ vor 120 Millionen Fernsehzuschauern vertreten. Am Ende war dann alles auch nicht mehr so lässig. Da bekam Lena eine Ahnung davon, dass die Teilnahme vielleicht doch ihr Leben verändern wird.
Meike Münz

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, April 2010)
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