11. Mai 2010

Erst Zusagen, dann Regeln

Von nst_xy

„Warum wird in der Kirche immer über ,du darfst nicht’ und ,du musst’ gesprochen? Das ist nicht gerade einladend.” (AB, 17 Jahre)

Fast möchte ich sagen: Das Problem ist so alt wie die Menschheitsgeschichte. Schon die Zehn Gebote, wie sie Gott seinem Volk im Alten Bund mitgegeben hat – und die jedes Kind im Religionsunterricht lernt – werden unterschiedlich übersetzt: In vielen Bibeln (zum Beispiel in der Einheitsübersetzung und in der Lutherbibel) steht: „Du sollst nicht …” Eigentlich aber heißt es: „Du wirst nicht…”
Entscheidend ist sozusagen das Vorzeichen, unter dem ich die Zehn Gebote lese. In der Bibel lautet die Einleitung zu den Geboten: „Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat; aus dem Sklavennaus.” (Exodus 20,2) Das ist doch ein eindeutiges „+”, ein Hinweis auf die befreiende Liebe Gottes, die vor allen Regeln kommt!
Da bietet es sich geradezu an weiterzufahren: „Darum wirst du …” Wenn ich Gott als Liebe erfahren habe, als den, der mir das Leben geschenkt hat und immer neu Leben ermöglicht, werde ich auch von meiner Seite aus alles tun, um auch um mich herum Leben zu fördern.
Darum steht es uns als Kirchen gut zu Gesicht, in erster Linie nicht über Regeln oder gar Verbote zu reden, sondern über die Zusagen Gottes und die Werte, die sich daraus ableiten. Davon gibt es in der christlichen Religion wahrlich genug.
Klaus Hofstetter

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Mai 2010)
Ihre Meinung ist uns wichtig, schreiben Sie uns! Anschrift und Email finden Sie unter Kontakt.
© Alle Rechte bei Verlag Neue Stadt, München