11. Mai 2010

Keine Angst machen

Von nst_xy

Wie können Kinder auf die Gefahr sexuellen Missbrauchs vorbereitet werden?

Eine Welle des Entsetzens rollt durch das Land. Hunderte von Jungen sind missbraucht und misshandelt worden. Während die einen schon wieder abwinken und rufen: „Wir können es nicht mehr hören!”, ist das Thema nun bei uns Familien angekommen. Bisher konnten wir Eltern selbst entscheiden, wann und wie wir mit unseren Kindern über dieses Thema sprechen wollen. Jetzt können wir nur noch auf das reagieren, was ungefiltert von Schulen, Freunden und Medien auf unsere Kinder einströmt.
Was tun? Kinder auf die Gefahr sexuellen Missbrauchs vorzubereiten, ist grundsätzlich in jedem Alter möglich, sofern man ihnen dabei keine Angst macht. Man kann einem Siebenjährigen – so alt ist unser Jüngster – durchaus erklären: „Es gibt Männer, die Kinder anfassen, küssen und streicheln wollen. Das ist nicht erlaubt! Niemand darf deine Gefühle verletzen oder dir Angst machen. Es gibt gute und schlechte Geheimnisse. Die schlechten darfst du verraten! Das ist kein Petzen.”
Bei unseren älteren Kindern (elf und 14) geht es nicht mehr darum, ihnen zu erklären, was sexueller Missbrauch ist, sondern darüber zu sprechen, was im Fall der Fälle zu tun ist. Dabei ist wichtig zu wissen, dass die meisten Fälle von sexueller Ausbeutung von Kindern aufgedeckt werden. In der Regel wenden sich Mädchen und Jungen allerdings nicht an die Eltern, weil die Scham zu groß ist. Sie fühlen sich mitschuldig. Sagen wir ihnen also bitte nicht immer: „Wende dich an mich!” Es ist wichtiger, ihnen Wege und Personen im Umfeld aufzuzeigen, die ihnen helfen könnten.
Kinder müssen wissen, dass der machtvolle Zugriff auf ihren Körper selten drohend und aggressiv geschieht, sondern meistens lockend, mit Geschenken und Liebesschwüren werbend. Und Eltern müssen wissen, dass Kinder mit einem Gut verführt werden, an dem es ihnen oft mangelt: Nähe.
Petra Fuchs

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Mai 2010)
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