18. Juli 2014

Das Gespräch drohte zu platzen.

Von nst1

Erfahrungsberichte  

Das Gespräch drohte zu platzen

Diesen Monat hatte ich eine Aussprache mit dem Hausmeister unseres Seniorenheimes, mit dem ich seit Langem in Unfrieden lebe. Sie fand statt mit ihm, dem Chef unseres Hauses und mir. Zuvor habe ich versucht, mich festzumachen im Herrn, „in dem Grund, den Er gelegt hat“, wie es im Wort des Lebens hieß (nach 1 Korinther 3,11): durch das Gebet und dadurch, dass ich anderen, die wie ich das Wort leben, von dem Termin erzählt und sie gebeten habe, dafür zu leben. Getragen von der Zusage Jesu, „die Wahrheit wird euch frei machen“ (Johannes 8,32) und dem wiederholten Aufruf von Papst Franziskus zur Barmherzigkeit habe ich zunächst offen den Beschwerden des Hausmeisters über mich zugehört und dann genau so offen die meinigen ihm gegenüber vorgetragen.

Das Gespräch war stellenweise so hart, dass es zu platzen drohte. Doch am Ende entschuldigten wir uns voreinander mit einem herzhaften Händedruck und einer zaghaften Umarmung. Dann lud ich ihn zu einem späteren Termin zusammen mit seiner Frau in ein nahe gelegenes Gasthaus zum Essen ein. Überrascht nahm er die Einladung an, die dann aber der Chef des Hauses übernahm, glücklich und dankbar darüber, dass „zwei für unser Haus wichtige Personen nun einen guten gemeinsamen Weg weitergehen“.
H.E.

Es musste sofort etwas geschehen.

Die Bewohner von Rutshuru im Norden Kongos lebten bis zum Sieg über die Rebellen praktisch wie Geiseln. Nachdem sie befreit wurden, konnten sie sich nach langer Zeit wieder treffen, um sich über ihr Leben nach dem Evangelium auszutauschen. J. arbeitet als Krankenschwester in einem Krankenhaus: „Eines Abends kam eine mit Zwillingen hochschwangere Frau ins Krankenhaus. Sie blutete stark. Es war ein Notfall und sie kam direkt in den Operationssaal. Die Ärzte haben alles getan, um ihr Leben und das der Kinder zu retten. Aber sie haben es nicht geschafft. Die Mutter verstarb einige Tage nach der Geburt der Zwillinge, einem Mädchen und einem Jungen. Der Vater sah sich außerstande, sie alleine großzuziehen.

Als der Arzt zu uns auf die Station kam, hat mich das Schicksal der beiden Kinder tief berührt. Ich habe mich an einen Punkt unserer gemeinschaftlichen Spiritualität der Einheit erinnert: die Liebe zum Bruder, zur Schwester. Diese Kinder schienen mir das Angesicht des leidenden Jesus widerzuspiegeln. Mir war klar, dass sofort etwas geschehen musste. Meine Tochter war fünf Monate zuvor zur Welt gekommen und ich dachte, dass ich nur eines der Kinder nehmen könnte. Aber ich hatte noch nicht mit meinem Mann gesprochen. Zuhause habe ich meiner Familie die Adoption vorgeschlagen. Alle haben freudig zugestimmt!

Drei Tage später hat sich eine andere Krankenschwester nach meinem Beispiel angeboten, das andere Kind zu adoptieren. Ich habe mich riesig gefreut! Wir sind zusammen zum Amt gegangen, um die Adoptionen zu regeln. Dem Mädchen haben wir den Namen ‚Speranza’, Hoffnung, gegeben.“
J.S.

Wir haben Medizin und Essen gekauft.

Seit einem Jahr mache ich meinen Militärdienst in Ägypten. Zwei Wochen vor Ostern kamen in unserer Kaserne 180 christliche Flüchtlinge aus Eritrea, Äthiopien, Somalia und dem Sudan an. Die meisten waren Kinder und Jugendliche, einige etwa zehn und ein Junge sogar erst vier Jahre alt. Sie hatten ihr Land unter sehr schwierigen Umständen verlassen und sich auf eine lange Reise gemacht, in der Hoffnung, die libysche Küste zu erreichen und dann eine Überfahrt nach Europa zu ergattern, wo sie sich eine bessere Zukunft erhofften.

An der Grenze zu Ägypten waren sie als illegale Einwanderer ohne Papiere aufgegriffen und zur Haft in meine Kaserne gebracht worden. Ich war geschockt von den hygienischen Bedingungen, in denen sie nun leben mussten. Zum Frühstück, Mittag- und Abendessen bekamen sie je ein Stück Brot, ab und zu etwas Reis. Aber – so stellte ich verwundert fest – weil Fastenzeit war, aßen sie den nicht. Für mich war das wie eine Anfrage von Jesus, ob es mir mit meiner Liebe zu ihm auch wirklich ernst war. Wie konnte ich mich auf den Karfreitag und die Kreuzverehrung vorbereiten, wenn ich diesen Flüchtlingen in ihrer unwürdigen Lage nicht half?
Ich sprach sofort mit anderen Jugendlichen meiner Stadt. Gemeinsam setzten wir alles daran, Geld zu sammeln, um Medizin zu besorgen und die Zutaten für ein festliches Essen zu Ostern. In kürzester Zeit hatten wir genug, um Fleisch, Obst und Gemüse zu kaufen, alles, was sie schon lange nicht mehr gegessen hatten.

Mein Vater hat sich angeboten, mich im Auto zur Kaserne zu fahren. Es war der Vorabend von Ostern und ich war müde und verschwitzt. Die Einkäufe und das Vorbereiten des Essens waren sehr anstrengend gewesen. Unterwegs sahen wir viele, die festlich gekleidet auf dem Weg in die Osternachtfeier waren.
Obwohl nur ich in die Kaserne durfte, fühlte ich mich nicht allein, sondern als Ausdruck all derer, die vorher mitgeholfen hatten. Es ist unmöglich, die Freude der Flüchtlinge zu beschreiben, als sie mich ankommen sahen. Wir hatten es sogar geschafft, die Medikamente für das vierjährige Kind zu besorgen, dem es aufgrund der fehlenden Hygiene und der schlechten Ernährung schon sehr schlecht ging. Dieser Abend in der Kaserne war für mich wie eine Ostermesse.
M.A. (Ägypten)

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juli/August 2014)
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