10. Juli 2015

Gute Taten mit Dominoeffekt

Von nst1

„Sozialhelden“ animieren mit Gutscheinen zur Hilfsbereitschaft.

Über 3 000 rote „GUTscheine zum GUT sein“ hat der Berliner Verein „Sozialhelden“ 1) in Umlauf gebracht. Die Idee: Wer einem Mitmenschen Gutes tut, überreicht ihm danach sein Kärtchen. Innerhalb von fünf Tagen soll der Empfänger wiederum jemand anderem Gutes tun und das Kärtchen weiterreichen – eine Kettenreaktion: So können die Gutscheine eine Welle der Hilfsbereitschaft auslösen.

Die Kärtchen sind nummeriert. Die vorübergehenden Besitzer sind eingeladen, ihre Erlebnisse auf der Internetseite www.sozialhelden.de/gutscheine weiterzuerzählen. „Ob man einem Fremden beim Beladen seines Autos hilft, der Lieblingsfleischfachverkäuferin ein Stück Käsesahnetorte vorbeibringt oder den verirrten Touri direkt bis zum Brandenburger Tor führt – uns geht es um die kleinen Gesten im Alltag, die so einfach sind, viel zu kurz kommen und das Leben schöner machen“, umschreiben die Initiatoren dort das Anliegen ihrer Aktion.

„Unser Nachbar hat unseren Computer wieder zum Leben gebracht“: Dabei hat Wendy aus Würzburg das rote Kärtchen erhalten. Birgit aus Berlin wurde es von ihrer Tochter „überreicht, nachdem sie die ganze Küche aufgeräumt hat.“ Michael aus Wolfsburg hatte den Bus verpasst und „wurde von einer Kollegin zum Bahnhof gefahren, wo ich meinen Zug noch erwischte.“

„Bin mit dem Fahrrad gestürzt und hab meine Handschuhe zerrissen“, erzählt Felix aus Augsburg. „Ein Passant hat mir seine gegeben. Hat mir quasi die Finger gerettet; bei -15 Grad radeln ist kein Spaß.“ Und Ramona aus Berlin-Dahlem schreibt: „Verloren saß ich im Seminar der Literaturgeschichte – ohne Kugelschreiber! Hätte mein Kommilitone mir nicht einen geliehen, hätten mir wichtige Notizen gefehlt.“

Franziska aus München reichte den Gutschein weiter, nachdem sie bis spät abends Chemienachhilfe gegeben hatte. Canalupa aus Meiningen erzählt: „Habe fünf Jahre eine Nachbarin gepflegt, die blind ist.“ Auch Sabine aus Rheine hat „einem Obdachlosen ein Frühstück kredenzt.“

Wer einen Gutschein hat, kann die Nummer auf der Internetseite eingeben und erfahren, was er schon alles bewirkt hat. Und wer nicht warten will, bis er zufällig einen bekommt, kann sich über die Homepage einen bestellen.

Was im September 2011 in Berlin begann, hat sich weiterverbreitet: Auch aus Österreich, Portugal und Brasilien wurden schon Gutscheine angefordert. Initiatorin Sabine Kruppa freut sich, dass viele Menschen mitmachen: „Natürlich brauchen diese Leute keinen Gutschein, um Gutes zu tun. Aber anscheinend hilft er, um wirklich zu überlegen, wer Hilfe gebrauchen könnte oder wem man einfach mal eine Freude macht.“
Clemens Behr

1) Der Sozialhelden e.V., von Raúl Krauthausen gegründet, will Menschen für gesellschaftliche Probleme sensibilisieren, zum Umdenken und zu sozialem Engagement motivieren. Z.B. mit Projekten wie Tausendundeinerampe.de für Rollstuhlfahrer, Rollatoren- und Kinderwagennutzer.

 

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juli/August 2015)
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