29. November 2017

Schengener Abkommen

Von nst5

„ Schengen “ ist vielen Europäern ein Begriff. Zumeist verbinden sie damit weniger den Ort in Luxemburg, sondern eher Reisefreiheit und offene Grenzen. Einige Details zu dem europäischen Abkommen.

Wie kam es zu dem Namen?
Auf einem Moselschiff nahe Schengen unterzeichneten 1985 die Benelux-Staaten, Deutschland und Frankreich eine Vereinbarung, die einen schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen in die Wege leitete.

Wofür steht das Abkommen?
Es schuf die Rechtsgrundlage für den freien Reise- und Güterverkehr in Europa, weitgehend ohne direkte Grenz- und Zollkontrollen. Die Sicherung der Außengrenzen hingegen wurde verstärkt. Dies hat den europäischen Binnenmarkt gefördert und das Reisen wesentlich erleichtert. Seit 1999 ist das inzwischen mehrfach modifizierte Übereinkommen geltendes EU-Recht. Jedes neue EU-Mitglied muss das Schengen-Abkommen unterzeichnen. Ein einheitliches Schengen-Visum gewährt Personen aus sogenannten Drittländern ein dreimonatiges Aufenthaltsrecht. Das Schengener Informationssystem (SIS), ein zentraler, grenzüberschreitender Fahndungsverbund der Polizei und der Justizbehörden, dient der Verbrechensbekämpfung und Terrorabwehr.

Welche Nationen sind bisher beigetreten?
1995 entstand der sogenannte Schengen-Raum, dem alle europäischen Länder beitreten können. Aktuell gehören dazu 23 EU-Staaten, jedoch nicht Großbritannien und Irland. Schengen-Staaten sind aber auch Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein. Bulgarien, Rumänien, Zypern und Kroatien sind Beitrittskandidaten. San Marino, Vatikanstadt, Monaco und Andorra haben das Abkommen nicht unterzeichnet, führen jedoch ohnehin keine Grenzkontrollen durch.

Wie setzen die Länder es um?
Solange keine besonderen Situationen die innere Sicherheit akut gefährden, funktionieren die offenen Grenzen. Einzelne Länder handhaben das Abkommen unterschiedlich. Vorübergehend haben mehrere Staaten Grenzkontrollen wieder eingeführt, bei Fußballweltmeisterschaften, Gipfel-Treffen oder im Spätsommer 2015, als Flüchtlinge in großer Zahl nach Europa kamen. Die EU in Brüssel ist darauf bedacht, dass diese Kontrollen nicht länger als nötig aufrechterhalten werden. Die Schweiz und Liechtenstein gehören nicht zur europäischen Zollunion und führen weiter Zollkontrollen durch. Einen Pass oder Personalausweis muss auch im Schengen-Raum jeder mit sich führen.

Welche Auswirkungen hat das Abkommen?
Neben vielen Vorteilen hat es auch eine Reihe problematischer Folgen. Vor allem, weil keine gemeinsame Flüchtlings- und Asylpolitik der europäischen Staaten in Sicht ist. Es gibt enorme Integrationsbemühungen, aber auch Forderungen nach mehr Abschiebungen, Obergrenzen, Einschränkung des Familiennachzugs. Die Todesrate der Flüchtlinge im Mittelmeer liegt derzeit bei 2,7 Prozent. Die Bewährungsprobe des Schengen-Systems dauert an, mit ungewissem Ausgang. Zum Glück gibt es noch viele Politiker und Bürger in Europa, die ein Scheitern nach Kräften verhindern wollen.
Hermann J. Benning

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, November/Dezember 2017)
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