10. April 2009

Ein Blick hinter die Kulissen

Von nst_xy

Unser Kinorezensent Tobias Greber war in diesem Jahr zum ersten Mal bei der Berlinale. Wie das war, und was er – der auch selbst Filme macht – mitgenommen hat, verrät er hier.
Es ist so weit. „Berlin Hbf (tief)” steht auf den Anzeige­tafeln, und dieses „tief” drückt auch die Hoffnung aus auf das, was der erste „Berlinale”-Besuch hoffentlich bringen wird: tief beeindruckende Filmerlebnisse.
Mit über 270 000 frei verkauften Eintrittskarten ist die Berlinale das größte Publikumsfestival der Welt und gehört neben Cannes und Venedig wohl auch zu den wichtigsten Filmfestivals. Dass sie „international” ist, wird einem schlag­artig bewusst, wenn man sich zum ersten Mal im Pressezen­trum einfindet. Englisch ist hier erste Amtssprache. Und im Lauf der Tage erntet man meist nur verständnislose Blicke, wenn man im Kino jemanden auf Deutsch anredet.
Aber zunächst gilt es, einen Überblick zu bekommen; bei über 700 Filmen in elf Sektionen ist dies gar nicht so einfach. Drei Stunden vergehen, bis man sich durch das Festivalprogramm gewühlt und einen Plan für den ersten Tag zusammengestellt hat. Die Berlinale ist ein so genanntes A-Festival, ein Premierenfestival also, bei dem es mit weni­gen Ausnahmen nur Filme zu sehen gibt, die zuvor noch nie öffentlich aufgeführt wurden.
Dies hat den schönen Nebeneffekt, dass die Filmemacher fast immer anwesend sind. Im Hauptwettbewerb werden sie allerdings durch den ganzen Presserummel und die vielen Absperrungen ziemlich  abgeschottet.  Ganz anders sieht
es in den übrigen Festivalsektionen aus, wie etwa beim „Panorama” oder „Forum”. Die Atmosphäre ist sehr offen und direkt. Eigentlich knüpft sich an jeden Film eine Diskus­sion zwischen Zuschauern und Filmemachern an. Und das zählt sicher zu den besonderen Erlebnissen bei der Berlinale, die trotz der vielen Stars und dem damit einhergehenden Glamourfaktor immer auf dem Boden geblieben ist und den Kontakt zur Basis nicht verloren hat.
Neben den Filmen gibt es auf dem Festival Podiumsdiskus­sionen, Vorträge und mit der Retrospektive „70mm – Bigger than life” Ausflüge in die Filmgeschichte der 60er Jahre.
Nach einer Woche mit täglich drei Filmen scheint alles zu flimmern. Ein wenig Ruhe für die Augen ist also angesagt. Da kommt eine Veranstaltung mit dem zweifachen Oscar-Preis­träger Janusz Kamfnski wie gerufen. Der Kamera-Mann von „Schindlers Liste” und „Der Soldat James Ryan” gibt jungen Filmemachern dabei Tipps und Einblicke in seine Arbeiten.
Und dann, ganz am Schluss, ist es dann doch noch da: dieses Gefühl, dass man etwas Herausragendes gesehen hat. Die Rede ist von „My Suicide”, einem amerikanischen Independentfilm, in dem der jugendliche Hauptdarsteller ankündigt, seinen eigenen Selbstmord filmisch zu dokumen­tieren. Aber dazu an dieser Stelle demnächst mehr.
Tobias Greber

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, April 2009)
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