10. Oktober 2010

Eindringlich und traumatisierend

Von nst_xy

Was und wie Filme über Kriege berichten.

Filme, die im Gedächtnis bleiben, Zuschauer auch lange nach dem Kinobesuch noch beschäftigen und manchmal sogar große Politik prägen – oft handeln sie von Krieg. Gemeint sind nicht einfach Filme, in denen kriegerische Handlungen vorkommen, sondern so genannte Pseudo-Dokus oder „scripted reality”, dokumentarische Filme also, die zwar fiktive Elemente enthalten, aber über Facetten realer Kriege berichten. Außer dem Motiv des Krieges haben sie noch ein Wei teres gemeinsam: Sie formen das kollektive Gedächtnis. So haben Filme wie „Mord unter Zeugen” und „Hotel Ruanda” sowie „The Killing Fields” maßgeblich dazu beigetragen, dass im Ausland überhaupt erst über die Geschichte Ruandas und Kambodschas gesprochen wurde. Wie viel solche Filme bewirken können, zeigt nicht zuletzt das Beispiel von „Blood Diamants”: Die Kontrolle der Diamentenverkaufskette wäre ohne diesen Film kaum denkbar.

Eine Erklärung des Geschehenen wollen diese Filme liefern, über Ursachen, Opfer, Täter, Verantwortung und Motive des Grauens informieren. Für den Zuschauer weitab vom Kriegsgeschehen bleibt das Bild, das diese Filme schaffen, dann oft dominant. Das birgt Raum für Verzerrung. Die Darstellung aus nur einer Perspektive genügt schließlich selten für ein realistisches Bild. Der propagandistische Gebrauch liegt nahe.

Andererseits muss überhaupt erst ein Bild existieren, bevor es verändert, verbessert, verschärft werden kann. Und manches Kriegsgeschehen wurde erst durch Filme auf die politische Agenda gehoben; wie etwa der Vietnamkrieg durch den (reinen) Dokumentarfilm „I was a soldier” (1970) oder die Produktion „Winter soldier” (1972) über die so genannten Winter Soldier Hearings in Detroit, bei denen Veteranen zum ersten Mal mutig aus dem Krieg berichteten.

Ohne Kriegsbilder zeigt der Film die Gewalt des Erlebten allein durch die Augenzeugenberichte der Mittäter – eindringlich und fast unerträglich.

Die traumatisierende Erfahrung des Krieges thematisiert auch Sabrina Wulff in „redemption” (dt.: „fahnenflüchtig”; 2009); sie begleitet in Toronto drei Deserteure aus dem Irakkrieg in ihrem vom Krieg gefärbten und gebrochenen Leben. Aus der Traumatisierung herausgerissen hat sich Samuel Maoz endlich 26 Jahre nach seiner Teilnahme am ersten Libanonkrieg 1982 mit seinem Filmdurchbruch „Lebanon”: Der Film ist konsequent aus der Innenperspektive eines Panzers gedreht, lässt den Zuschauer an der klaustrophobischen Enge wie der emotionalen Verstörung der Soldaten ungefiltert teilhaben und wirkt damit echt wie ein Dokumentarfilm.

Auch wenn das Thema „Krieg im Film” noch wenig reflektiert wurde, solche Filme – egal ob reine Dokumentationen oder „scripted reality” – bleiben im Gedächtnis und besitzen nicht zuletzt deshalb politische und gesellschaftliche Relevanz. Letztlich aber transportieren sie alle eine Grundwahrheit, auf die es ankommt: dass Krieg keine Sieger kennt; nur Verlierer!
Klara Sucher und Nina von Wächter

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Oktober 2010)
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