27. November 2011

Zur Papstreise – Unmissverständlich klar

Von nst_xy

Wilfried Hagemann, Augsburg, war von 1987 bis 1996 Rektor des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, dann Regens am Priesterseminar in Münster und danach Geistlicher Rektor des Exerzitienhauses Bentlage. Seit Herbst 2009 ist er im Leitungsteam des Zentrums für Spiritualität Ottmaring bei Augsburg. So erlebte er die Worte des Papstes an die Kirche in Deutschland:

“Ich möchte die Kirche in Deutschland ermutigen… Es wird kleine Gemeinschaften von Glaubenden geben – und es gibt sie schon -, die in die pluralistische Gesellschaft mit ihrer Begeisterung hineinstrahlen und andere neugierig machen, nach dem Licht zu suchen, das Leben in Fülle schenkt. Es gibt nichts Schöneres, als Christus zu kennen und den anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken.”

Dieses Wort der Ermutigung – kurz vor dem Abflug vom Flugplatz Lahr – ist noch in meinem Ohr. Gerade hatte Benedikt XVI. seinen Marathon besonderer Art absolviert. Er setzte sich buchstäblich allen aus: den Medien, den Politikern, den Vertretern der Ökumene, des Judentums und des Islams, den Opfern des Missbrauchs und den vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Gottesdiensten quer durch die Republik. Er sagte unerschrocken und unmissverständlich klar, was er denkt. Er war ehrlich. Er machte sich angreifbar, er redete niemand nach dem Mund. Und: Er ließ sich nicht abbringen von seinem Thema: Wo Gott ist, da ist Zukunft. Er wollte den Menschen begegnen. Er wollte mit ihnen über Gott sprechen.

Mit einem Paukenschlag beendete er seinen Deutschlandbesuch im Konzerthaus von Freiburg. Hier sprach er fast ungeschützt aus, was ihm im Blick auf die Kirche in Deutschland Sorge bereitet: „dass die Kirche zufrieden wird mit sich selbst, sich in dieser Welt einrichtet, selbstgenügsam ist und sich den Maßstäben der Welt angleicht.”

Er wirft das so missverständliche Wort „Entweltlichung der Kirche” in den Ring und deutet an, was er sich davon verspricht: „Die von materiellen und politischen Lasten und Privilegien befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein … nicht um die Menschen für eine Institution mit eigenen Machtansprüchen zu gewinnen, sondern um sie zu sich selbst zu führen, indem sie zu dem führt, von dem jeder Mensch mit Augustinus sagen kann: Er ist mir innerlicher als ich mir selbst (vgl. Conf. 3, 6, 11).”

Schließlich bringt er die Situation des Glaubenden auf den Punkt und formuliert allgemein, ja fast krass: „Der christliche Glaube ist für den Menschen allezeit – und nicht erst in der unsrigen – ein Skandal.”
Seine Worte rüttelten auf, verwirrten manche und verursachten zum Teil heftigen Widerspruch. Es wird sich lohnen, sich mit diesen Worten ehrlich und redlich auseinanderzusetzen.

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, November 2011)
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