20. Januar 2015

Stärkung für Paare

Von nst1

Zu viele Ehen scheitern. Offenbar wird die Beziehung selbst zu wenig gepflegt. Die „Marriage Week“ will Freude an der Partnerschaft vermitteln und der Ehe Gutes tun.

Rote und weiße, mit Gas gefüllte Luftballons tragen einige Passanten in Landsberg am Lech an diesem Februartag an einer Schnur in der Hand. Die Ballons haben die Form von Herzen, Symbol für die Liebe. Bekommen haben die Landsberger sie an einem Infostand auf dem Hauptplatz der Stadt. Dort wurden sie zu einer Reihe von Veranstaltungen eingeladen, die sich vor allem an Ehepaare richten: Es ist der Auftakt zur „Marriage Week“, der Woche für Ehepaare.

Die Ehe ist in Gefahr, sagen die Veranstalter. Die Wertschätzung für die lebenslange Gemeinschaft zwischen Mann und Frau geht zurück, klagt Horst Blachnitzky aus Kaufering, der mit seiner Frau Hildegard die Initiativen zur Marriage Week in Landsberg koordiniert: „Es scheint heute egal zu sein, wie ein Paar zusammenlebt, wie lange, ob verheiratet oder nicht. Da wollen wir zeigen, dass es an der Basis Leute gibt, denen die Ehe in der bewährten Form wichtig ist.“

Die Organisatoren machen sich Sorgen um Paarbeziehungen überhaupt.

Mittlerweile werden mehr als ein Drittel aller Ehen innerhalb von 25 Jahren geschieden: „Ehe ist kein Selbstläufer“, weiß Horst Blachnitzky aus eigener Erfahrung. „Standesamt und kirchlicher Segen sind noch keine Zukunftsgarantie. Höhen und Tiefen kommen automatisch irgendwann. Aber damit ihre Beziehung Bestand haben kann, müssen die Paare darauf vorbereitet sein!“ Die Marriage Week macht entsprechende Angebote: zum Beispiel einen Vortrag „Was die Liebe braucht“ mit psychologischen und spirituellen Impulsen. „Unser Diakon und seine Frau sind psychologisch geschult“, berichtet Blachnitzky. „Sie gestalten jedes Jahr zusammen einen Abend zu einem Beziehungsthema: Was ist Gift, was ist Gold in Beziehungen? Diesmal geht es darum, wie wichtig Humor und Gelassenheit sind, um miteinander glücklich zu sein.“ Zu den Abenden kommen 150 Personen. „Nicht nur Pärchen, auch Singles sind dabei, die für eine spätere Partnerschaft gerüstet sein wollen.“

Maßgeblich getragen wird die Marriage Week als ökumenisches Projekt von Kirchen und christlichen Gemeinschaften.

In Landsberg hat die Bewegung „Jugend mit einer Mission“ vor sechs Jahren den entscheidenden Anstoß gegeben, die selbst jedes Jahr zu einem Candlelight-Dinner im Schloss Hurlach einlädt. Evangelische und katholische Gemeinden haben Gottesdienste zum Thema Liebe und Ehe sowie Segnungsgottesdienste für Paare mit anschließendem Sektempfang im Programm. Aber auch lokale Unternehmen und die kommunale Politik klinken sich mit ein. „Ein Kino, das Olympia-Filmtheater, zeigt an einem Abend geeignete Filme“, erläutert Anke Wilk, die für die Marriage Week in Landsberg die Öffentlichkeitsarbeit macht. „Diesmal läuft ‚Wie in alten Zeiten’ mit Pierce Brosnan und Emma Thompson. Im Restaurant Teufelsküche gibt´s ein festliches, romantisches Essen für Paare, mit Lesungen und Livemusik.“ Auch die Stadt lässt sich nicht lumpen und bittet Ehepaare zu einem Sektempfang. „Bisher hatten wir stets den Bürgermeister und den Landrat mit im Boot“, erzählt Anke Wilk, „indem sie die Schirmherrschaft übernommen oder ein Grußwort für den Flyer geschrieben haben.“

Die Anzeigenzeitung „Kreisbote“ veröffentlicht in den Wochen vor dem Ereignis zwei oder drei Interviews mit Ehepaaren. „Die Leser sehen Gesichter, erfahren etwas Persönliches; das finden sie spannend“, sagt Anke Wilk, die der Zeitung die Interviews vermittelt.

„Und diese Ehepaare haben etwas zu sagen; sie bringen eine positive Botschaft. Die Leserschaft wird damit auf die Marriage Week aufmerksam.“

Hauptamtlich arbeitet Anke Wilk im Mehrgenerationenhaus der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Das Projekt fördert Aktivitäten für Menschen aller Altersstufen, und da passt auch die Marriage Week gut hinein. So ist die dazugehörige Begegnungsstätte Kratzertreff ebenfalls Veranstaltungsort. „Eine Diplompädagogin und Stimmbildnerin macht bei uns Körper- und Atemübungen,“ erklärt Stadträtin Margit Däubler, die das Mehrgenerationenhaus leitet. „Die Paare erleben neu Nähe und Vertrautheit und lernen, gemeinsam zu entspannen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Wir haben hier im Haus regelmäßig ein ‚Erzählcafe’, einen Raum zum Vorlesen, Musizieren, Zuhören, mit Themennachmittagen und kurzen Vorträgen. Da habe ich angeregt, einen Nachmittag der Ehe zu widmen.“

Natürlich gebe es auch unabhängig von der Marriage Week Angebote für Paare in der Stadt, weiß Margit Däubler. „Aber wer eine Paar-Beratung in Anspruch nimmt, steckt ja meist schon in der Krise. Da sind die Veranstaltungen der Marriage Week eher vorbeugend. Sie sollen den Paaren Spaß bereiten und Mut machen. Wir verbreiten ein Verständnis von Partnerschaft als Chance. Insofern schließt diese Woche sogar eine Lücke: Sie bringt etwas, das es vorher höchstens in kleinen Ansätzen gab.“

Ins Leben gerufen haben die Marriage Week 1996 die Engländer Richard und Maria Kane. Ihr Anliegen ist es, die Ehe zu fördern und ihr öffentlich wieder ein stärkeres Gewicht zu geben. Denn sie trage zu einer sicheren Gesellschaft bei und biete das günstigste Umfeld, in dem Kinder aufwachsen können. Nahezu neunzig Prozent der jungen Leute wollen später einmal heiraten, erklären sie auf der internationalen Homepage der Marriage Week, und immerhin hielten zwei Drittel der Ehen bis zum Tod eines der beiden Partner. Studien zufolge hänge die Stabilität einer Beziehung auch davon ab, inwiefern das Versprechen, das zwei Menschen einander geben, von ihrer Verwandtschaft, dem Freundeskreis und der Gesellschaft als ganzer unterstützt werde, heißt es dort. Zu dieser unterstützenden Atmosphäre will ihre Initiative beitragen.

Schon bald erhielt das Ehepaar Kane dafür nicht nur von kirchlichen Kreisen und aus der Bevölkerung Rückhalt, sondern auch vom damaligen britischen Regierungschef John Major und seiner Frau Norma.

2009 kam die Marriage Week nach Deutschland und in die Schweiz. 2014 war erstmals auch Österreich dabei. Bis 2021 wollen die Kanes die Idee in 75 Nationen tragen.

In Landsberg ist die Initiative schon etabliert; sie findet zum siebten Mal statt. Die Veranstalter haben sogar einen Babysitter-Dienst eingerichtet für Paare, die sonst wegen ihrer kleinen Kinder nicht zu den Terminen kommen könnten. Immer wieder steigen neue Partner mit kreativen und originellen Ideen ein: Es hat schon auf Paare abgestimmte Stadtführungen gegeben. Das Stadtmuseum hat sich Gedanken gemacht, was es beitragen kann, und eine Führung angeboten, bei der Bildnisse von Ehepaaren gezeigt und kommentiert wurden.

Bewirken die Veranstaltungen denn tatsächlich etwas bei den Paaren? Mit einer Antwort sind die Organisatoren in Landsberg vorsichtig und bleiben lieber bescheiden: Sie freuen sich, dass viele Leute jedes Jahr wiederkommen, dass alle Altersstufen vertreten sind, dass immer auch Neue dazustoßen. So weit wie der Bürgermeister im sächsischen Hainichen, der behauptet, in seiner Kleinstadt wären deshalb die Scheidungen zurückgegangen, gehen sie jedenfalls nicht.

Dass einige Termine voll ausgebucht sind, sei doch schon ein sehr gutes Zeichen. Sie möchten allerdings selbst gern Genaueres erfahren. Daher sollen die Teilnehmer künftig leichter rückmelden können, wie ihnen die entsprechenden Veranstaltungen gefallen haben.

Stadträtin Margit Däubler kommt bei der Frage, warum sie die Marriage Week unterstützt, noch mal auf das Mehrgenerationenhaus zu sprechen. Bei den Aktivitäten dort engagieren sich rund 150 Menschen ehrenamtlich – eine stattliche Menge für die 28 000-Einwohner-Stadt. „Wenn sie zugesagt haben, sich zu engagieren, fordern wir das auch ein. So bringen wir Verbindlichkeit zurück, die in unserer Gesellschaft verloren gegangen ist. Und mit der Partnerschaft ist es ähnlich“, argumentiert Margit Däubler, „auch da geht es um Verbindlichkeit. Ich sehe bei mir selbst, welche Bedeutung eine Partnerschaft hat, wenn man älter wird und die Kinder aus dem Haus sind. Vertrautheit und Verlässlichkeit werden wieder wichtig. Es ist mir ein Bedürfnis, jüngeren Leuten Mut zu machen: Haltet durch, haltet auch mal schwierige Phasen aus! Es ist doch nicht damit getan, sich dann einen anderen Partner zu suchen! Denn nach der Verliebtheit kommt auch dort der Alltag mit seinen Höhen und Tiefen wieder.“
Clemens Behr

Marriage Week 2015
Wann: 7. bis 14. Februar

Wo: In rund 20 Ländern von Albanien bis Neuseeland, von der Ukraine bis Südafrika.
Infos: www.marriageweek.de 
www.marriageweek.at
www.marriageweek.ch
www.marriage-weekinternational.com
Sonderheft: Unter der Mailadresse pressestelle@marriageweek.de können Sie ein kostenloses Heft mit dem Titel „Start in die Ehe“ bestellen: für sich selbst oder zum Weiterverschenken. Es enthält Anregungen, wie Paare ihre Ehe gestalten, wie sie an ihrem Partner wachsen, wie sie gemeinsam Entscheidungen fällen können.

 

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Januar-Februar 2015)
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