13. April 2015

Helden der Zukunft

Von nst1

Aktuelle Verfilmungen von Jugendromanen

Seltsame Geräusche, alles ist dunkel. Plötzlich öffnet sich ein Schacht. Vom Licht geblendet, schaut ein junger Mann in eine Gruppe Jugendlicher, die ihn sogleich verhöhnen. Er weiß weder seinen Namen, noch wo er ist. So beginnt Maze Runner – Die Auserwählten im Labyrinth“ (2014), eine von mehreren aktuellen Jugendbuchverfilmungen. Die Gruppe, in der sich Thomas wiederfindet, ist gefangen inmitten eines riesigen Labyrinths. Dieses verändert sich ständig, beheimatet gefährliche Kreaturen und keiner weiß, warum er eigentlich dort ist. Als erstmals ein Mädchen aus dem dunklen Fahrstuhl geborgen wird, versucht Thomas die Gruppe aus dem mysteriösen Labyrinth herauszuführen.

In „Maze Runner“ gibt es einen Helden und das hat der Film mit allen anderen dieses neuen Genres gemeinsam. Es sind einsame Helden, gleichsam Propheten, weil sie in sich die Gewissheit tragen, dass ihre Welt nicht so bleiben darf, wie sie ist: Sie leben in dystopischen Umständen, also in ungerechten Gesellschaftssystemen einer fiktiven Zukunft.

In der erfolgreichsten Trilogie dieser Art, Die Tribute von Panem“ (2012, 2013, 2014), wird die Heldin in ein mörderisches Spielfeld geworfen. Um zu überleben, muss Katniss andere Mitspieler töten. Nur wenn sie gewinnt, kann sie die Menschen aus ihrem Distrikt vor schlimmem Unheil bewahren, denn der despotische Herrscher, Präsident Snow, unterdrückt nach einer Katastrophe die Überlebenden mit harter Hand. Katniss ist in einer moralischen Zwickmühle, aus der sie nur herausfindet, wenn sie sich gegen das gesamte System auflehnt. Die prominent besetzte Filmreihe schafft ein komplexes Universum mit fabulierenden Bildern und einer außerordentlich überzeugenden Hauptdarstellerin.

„Die BestimmungDivergent“ (2014) skizziert hingegen eine Gesellschaft, in der die Lebenswege jedes Menschen vorherbestimmt sind. Diese Ordnung ist hier vernünftiges Resultat eines vorherigen Krieges. Beatrice durchbricht das System, indem sie keinen zugewiesenen Platz einnimmt und fortan als Widerständlerin für die Freiheit kämpft.

In „Hüter der Erinnerung – The Giver“ (2014) ist die Ausgangslage ähnlich. Über die Fremdbestimmung hinaus werden die Menschen zusätzlich durch eine Droge aller Erinnerungen beraubt. Die Hauptfigur Jonas allerdings soll als „Hüter der Erinnerung“ bei einem einsiedlerischen Lehrmeister ausgebildet werden. Dieser versorgt ihn mit Erinnerungen. Emotionen wie Liebe und Hass entdeckt Jonas dadurch als sinnstiftende Notwendigkeiten und beschließt, die „verbotene Zone“ zu betreten, um den Menschen ihre Erinnerungen zurückzugeben.

Etwas Unbestimmtes drängt die Helden dieser Filme zur Veränderung. Und doch bleiben sie allesamt Helden wider Willen – sie müssen ihre Unsicherheiten und Ängste überwinden. Das macht sie sympathisch. Auch wenn die Filme zum Teil recht brutal sind, können sie als Parabeln Jugendliche motivieren, etwas in ihrer realen Umgebung zu verändern, weil Menschen auch dort viele Ungerechtigkeiten hervorbringen.
Markus Thiel

 

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, April 2015)
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