11. März 2016

Damit Ostern im Alltag ankommt

Von nst1

Die Passionszeit führt zum Zentrum des christlichen Glaubens: den Kar- und Ostertagen.Gedanken und Impulse von Chiara Lubich, die helfen, den Glaubensinhalten dieser Tage nachzuspüren.

In der Passionszeit

Manchmal, wenn uns die Last des Lebens bedrückt, erfasst uns eine Sehnsucht nach dem Himmel. Doch sogleich lädt uns eine innere Stimme ein, uns zu sammeln, uns allein vor den ewigen Gott zu stellen und, von ihm getröstet, unser Leben hier bereitwillig fortzusetzen, wie und solange es ihm gefällt.
In solchen Augenblicken weiß man sich wie ein Kind bei der Mutter geborgen, es fehlt einem nichts mehr. Da findet man wieder Kraft, ja versteht sogar, dass es gar nicht gut wäre, jetzt schon dorthin zu gehen, wo die Güte Gottes uns ewige Freude bereithält. Es wäre auch nicht gerecht; denn auf das Leben bei ihm müssen wir uns vorbereiten.
Wie Blumen unter der Frühlingssonne aufblühen, erwachen unsere Vorsätze: Mutig und entschlossen wollen wir uns allem stellen, was tagtäglich auf uns zukommt. Wir erneuern unsere Entscheidung, in der uns geschenkten Zeit als Christen auf unsere Vollendung hin zu leben. Wir versuchen uns an Worte und Gedanken zu erinnern, aus denen wir in der Vergangenheit Kraft geschöpft haben, greifen ein Wort heraus und machen es uns zu eigen als Leitwort und Losung – zumindest für den heutigen Tag.

Die Lästigen ertragen: auch das ist ein Werk der Barmherzigkeit. Oft ist uns dies nicht bewusst, und wir verkennen seine Bedeutung.
In unserem Zusammenleben versuchen wir Christen gewiss, einander nach Jesu Beispiel und Gebot zu lieben. Manchmal aber kommen ganz gegensätzliche, menschlich unvereinbare Charaktere zusammen. Da ist es gut und tröstlich zu wissen, dass es schon ein Akt der Barmherzigkeit ist, wenn man die Eigenart des anderen, etwa seine Handlungsweise, seine abstoßende Grobheit, seine lästige Aufdringlichkeit, erträgt und über seine Fehler – im Grunde Kleinigkeiten – hinwegsieht. Das gehört ebenso zu den Werken der Barmherzigkeit wie „Hungrige speisen“ oder „Kranke besuchen“ (vgl. Matthäus 25,35f). Es ist eines der Werke, nach denen wir bei der letzten Prüfung gefragt werden.

In der Karwoche

„Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast“ (Johannes 17,4).
Dieses Wort zeigt uns, wie auch wir den Vater verherrlichen können. Gott die Ehre geben, das ist ja unser größter Wunsch. Und nun begreifen wir: Leben zur Ehre Gottes besagt nicht so sehr und nicht nur, die eigene Ehre zurückzustellen, Hochmut und Eitelkeit zurückzudrängen, sondern das Werk zu Ende zu führen, das er uns aufgetragen hat, bis zu dem Tag, an dem er uns zu sich ruft.
Gott hat für jeden Menschen ein bestimmtes Lebensprogramm. Und das gilt es zu erfüllen.

„Ich lebe im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (Galater 2,20). Was Paulus hier sagt, kann jeder auf sich selbst beziehen: „Für mich“ hat Christus sich hingegeben.
Jesus, wenn du für mich gestorben bist, wie könnte ich an deiner Großmut zweifeln? Wenn ich glauben darf, dass du, der Sohn Gottes, für mich gestorben bist, wie sollte ich nicht alles daransetzen, um auf diese Liebe zu antworten?
Für mich … Ein Wort, das die Einsamkeit der Einsamsten überwindet. Ein Wort, das jedem Menschen eine erhabene Würde zuspricht, gerade den Geringsten und Verachteten. Ein Wort, das uns ergreift und mit überströmender Freude erfüllt … Für mich, Herr, all diese Schmerzen? Für mich dein Schrei am Kreuz? Allzeit denkst du an mich, als ob es nur mich gäbe – und genauso an jeden anderen. Das gibt uns – mehr als alles in der Welt – Kraft und Mut, als Christen zu leben.
Für mich … All das für mich. Herr, so gib, dass ich in der Zeit, die mir noch bleibt, dir sagen kann: „Für dich!“

Im Namen Jesu vereint sein bedeutet, um seinetwillen vereint sein, um sein Gebot, die Liebe, zu verwirklichen. Es bedeutet vereint zu sein, wie er es will. Selbst wenn wir aus edlen, vielleicht auch religiösen Motiven zusammenkommen, aber nicht in seinem Namen, ist Jesus nicht unter uns. Wenn ich mit einem anderen allein deshalb zusammen bin, weil wir Freunde sind, nur weil eine bestimmte Arbeit zu erledigen ist oder nur um uns zu erholen, dann ist Jesus nicht unter uns.
Jesus ist unter uns, wenn wir in ihm vereint sind, in seinem Willen, der darin besteht, dass wir einander lieben, wie er uns geliebt hat. Das Wort Jesu: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Matthäus 18,20) muss man mit einem anderen seiner Worte zusammen lesen: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe“ (Johannes 15,12).

Osterzeit

Durchs Leben gehen
wie die beiden Emmausjünger:
mit Jesus als dem Dritten unter uns …
Wer mit ihm vereint bleibt,
bringt reiche Frucht.

„Ihr werdet meine Zeugen sein bis an die Grenzen der Erde“ (Apostelgeschichte 1,8). Mit diesen Worten endet eine der letzten Begegnungen des auferstandenen Jesus mit seinen Jüngern …
Nachdem die Apostel den Heiligen Geist empfangen hatten, legten sie Zeugnis ab von Christus, dem Auferstandenen. Auch wir haben in der Taufe den Heiligen Geist empfangen. Auch wir sind gerufen, Zeugen des Auferstandenen zu sein – bis an die Grenzen der Erde.

Jesus, am Ostermorgen bist du Maria aus Magdala erschienen.
Du rufst sie beim Namen.
Was hinter ihr liegt, hast du vergessen: ihre Sünden, ihre Vergangenheit. Du rufst sie.
Rufst du wohl auch jeden von uns?
Wenn wir dich lieben wollen,
erinnerst du dich an nichts mehr?
Du rufst uns beim Namen?
Wie sollten wir uns da noch Sorgen machen wegen unserer Vergangenheit, unserer Verfehlungen und Sünden?
Bist du nicht heute derselbe wie damals, Jesus?

 

Die Texte sind aus den Büchern: “Alles besiegt die Liebe”, “Die große Sehnsucht unserer Zeit” und “Alle sollen eins sein”. www.verlagneuestadt.de

 

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, März 2016)
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