14. Dezember 2016

Was kann uns trennen?

Von nst1

35. Ökumenische Begegnung von Bischöfen sieht hoffnungsvolle Entwicklungen.

„Wir leben in einer Zeit der Ökumene.“ Diese Aussage kann sehr unterschiedliche Emotionen auslösen: Skepsis, Ungläubigkeit, Aufhorchen, unbeteiligtes Abwinken, zurückhaltende Zustimmung. Die 25 Bischöfe, die vom 24. bis 28. Oktober in Ottmaring (Augsburg) zu Gast waren, schrieben sie aus Überzeugung. „Während der vergangenen dreißig Jahre legten Bischöfe aus über 20 Kirchen einen gemeinsamen Weg im Licht der ‚Spiritualität der Einheit’ zurück“, erklärten sie in einer Botschaft an die Festgemeinschaft, die wenige Tage später mit Papst Franziskus und Munib Younan, Präsident des Lutherischen Weltbunds, im schwedischen Lund zum Gedenken an 500 Jahre Reformation zusammenkam 1. Aufgrund ihrer „Erfahrung der Geschwisterlichkeit“ fragten sich die Bischöfe in Augsburg darin sogar: „Was kann uns voneinander trennen?“ 2

Die Vertreter aus 14 verschiedenen Kirchen waren aus vier Kontinenten im Ökumenischen Lebenszentrum Ottmaring zusammen und hatten in der Augsburger evangelischen St. Anna-Kirche an die historisch wichtige „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ erinnert, die 1999 am gleichen Ort von Vertretern der katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbunds unterzeichnet worden war. „Wir haben die Hände, die wir uns damals gereicht haben, nicht wieder losgelassen und es sind viele weitere Hände dazugekommen“, zog der ehemalige Präsident des Lutherischen Weltbundes, Landesbischof i. R. Christian Krause, erfreut Bilanz. Die gemeinsame Erklärung sei nicht nur ein Stück Papier geblieben, sondern habe weitere Weltkirchengemeinschaften in ein gemeinsames Bekenntnis eingebunden. So wiederholten nun auch Vertreter der anglikanischen und der methodistischen Kirche Ausschnitte aus den gemeinsamen Glaubensaussagen. Bei der Ankündigung, die Botschaft und Grüße von Augsburg durch eine Delegation der ökumenischen Bischofsbegegnung nach Lund zu bringen, brach in der Kirche spontaner Applaus aus.

Von Augsburg nach Lund: Delegation vom Ökumenischen Bischofstreffen aus Großbritannien, Irland, Deutschland, Thailand und Indien. - Foto: (c) Ursel Haaf

Von Augsburg nach Lund: Delegation vom Ökumenischen Bischofstreffen aus Großbritannien, Irland, Deutschland, Thailand und Indien. – Foto: (c) Ursel Haaf

„Wir erneuern die Bereitschaft, unser Leben einzusetzen als Werkzeuge der gegenseitigen Liebe und Barmherzigkeit, ‚auf das alle eins seien’“, bekräftigen die Bischöfe. „Für uns sind das mehr als nur Worte – das ist die Erfahrung, die wir miteinander leben“, unterstrich Kardinal Francis Kriengsak Kovithavanij aus Bangkok als leitender Moderator der Gruppe. So erneuerten die Bischöfe auch dieses Jahr feierlich das Versprechen, einander im Gebet und im Leben zu unterstützen, die Sorgen und Nöte, aber auch die Freuden und Erfolge der Brüder mitzutragen, „dass das Kreuz des einen das Kreuz des anderen ist, die Sehnsucht des einen die Sehnsucht des anderen“.

Seit 1977 treffen sich auf Anregung des damaligen Aachener Bischofs Klaus Hemmerle Bischöfe, die der Fokolar-Bewegung nahestehen. Geistliche Impulse aus der Spiritualität der Fokolar-Bewegung, gemeinsames Gebet und die Feier der unterschiedlichen Liturgien bilden das Fundament ihres Miteinanders. Ziel dieser Tagungen ist der geistliche Austausch und die brüderliche Begegnung unter Bischöfen. Das diesjährige Treffen stand unter dem Thema: „Der gekreuzigte und verlassene Jesus – Grundlage einer Spiritualität der Gemeinschaft“.
Gabi Ballweg

1) lund2016.net
2) in Anlehnung an Paulus: „Was kann uns trennen von der Liebe Christi“ (vgl. Römer 8,35-39)

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Dezember 2016)
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