6. April 2021

WORT DES LEBENS . PLUS

Von nst5

Gottes Wege und unser Lebensweg

Das Wort des Lebens „Zeige mir, HERR, deine Wege, lehre mich deine Pfade!“ stammt aus den Psalmen, diesen Texten einer innigen Hinwendung zu Gott. Psalm 25 ist geprägt von Hoffnung und Vertrauen auf Gott angesichts vielfältiger Sorgen und Leiden. Der Psalm spricht von Angst und Bedrängnis, von Armut und Mühen und – ja, auch das ist Teil des Lebens und darf vor Gott gebracht werden – von Widersachern, aber auch vom Bewusstsein eigener Schuld. Inmitten all dieser Lebensnöte ruft der Beter/die Beterin zu Gott und bittet ihn um Führung auf seinen Wegen. Diese Bitte beruht auf dem Vertrauen, dass Gott sich dem Menschen zuwendet.
Der ganze Psalm enthält viele Begriffe, die mit „Weg“ zu tun haben, was darauf hindeutet, dass darin ein zentrales Thema des Textes liegt. Das Motiv des Weges kann im Alten Testament für den Lebensweg des Menschen verwendet werden. „Gottes Wege“ stehen für die Richtung, die dieser Lebensweg nehmen soll: Wer auf Gottes Pfaden geht, dessen Leben gelingt. Auf Gottes Wege kann man nach biblischem Zeugnis durch tiefes Nachdenken und das Erreichen von Lebensweisheit gelangen (Sprichwörter 4,11). Meistens wird im Alten Testament die Tora, d. h. die „Weisung“, als „Gottes Wege“ verstanden (z. B. Deuteronomium 10,12f.; 1 Könige 3,14; Jesaja 2,3). Für Christen gilt zudem das Wort Jesu: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Johannes 14,6). Immer steht dahinter Gott selbst, der den Menschen seine Wege zeigt.
Wie lehrt Gott uns heute seine Wege?
Dies kann im Lesen, Meditieren und (auch gemeinschaftlichen) Nachdenken über die biblischen Schriften geschehen (vgl. Psalm 1). Im Gebet richten wir uns, wie es die Psalmen vormachen, auf Gott aus. Auch das Schweigen vor Gott und das Horchen auf die innere Stimme können uns seine Wege für unser Leben verstehen lassen. Dazu gehört, sich selbst zu erkennen und anzuerkennen, eigene Schuld zu sehen und anzunehmen, aber auch den Mut zu fassen, einen anderen Weg einzuschlagen. Schließlich zeigt uns Christus in der Begegnung mit anderen Gottes Pfade, denn in ihnen ist er gegenwärtig, blickt uns an und spricht zu uns. So können wir jeden Tag aufs Neue darauf achten, auf welchem Weg Gott uns zu einem gelingenden Leben führen will.

Carolin Neuber ist wissenschaftliche Mitarbeiterin für Altes Testament an der Universität Freiburg i. Br. und wurde mit einer Arbeit zu den Psalmen promoviert.

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, März/April 2021)
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