3. August 2021

Zu Jesus eingeladen

Von nst5

Wolfgang Bader, Weinheim

Wolfgang Bader. – Foto: privat

Jahrgang 1949, war langjähriger Leiter des Verlages Neue Stadt. Er ist Autor, Herausgeber und Übersetzer zahlreicher Werke, insbesondere zu Themen christlicher Spiritualität. In den letzten Jahren war er in München auf einer Palliativstation und ehrenamtlich in einem Kinderhospiz tätig.

Bei sich sein
Wie fing alles an im Leben? Dazu sagt ein sehr alter Text in einem biblischen Buch: „Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig. Nachdem Gott seine Schöpfung vollendet hatte, ruhte er“ (Genesis 1,31; vgl. Hebräer 4,4). Dieser Tag bekam den jüdischen Namen Schabbat, das heißt: Man soll sich ausruhen. So, wie es Gott gemacht hat.
„Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem HERRN, deinem Gott geweiht. An diesem Tag darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, dein Rind, dein Esel und jedes Vieh, auch nicht dein Fremder in deinen Toren.“ (Deuteronomium 5,14).
Für uns kann das heißen: sich für Gott Zeit nehmen, auf unsere „innere“ Stimme hören, nichts Besonderes tun, sondern an einem geschützten Platz einfach nur still werden. Wie schrieb die französische Philosophin Simone Weil (1909-1943): „Es gibt kein Glück, das der inneren Stille gleichkommt.“
Auch Jesus zog sich öfter zurück; er nahm sich Zeit, um allein zu sein, um zu beten und um sich auszuruhen (vgl. Markus 1,35; 6,31f; 7,24; 14,32.35.39; Matthäus 14,13; Lukas 15,16).
Und Paulus schrieb an die Gemeinde in Rom: „Wenn Gott es will, komme ich mit Freude zu euch, um mit euch eine Zeit der Ruhe zu verbringen.“ (Römer 15,32).

Beim anderen sein
Wie gut Kinder das können, zeigt ein Beispiel von Frère Roger, dem Gründer der Gemeinschaft in Taizé (1915-2005): „In unserer Kirche bringt Martin mir eine Zeichnung. Darauf stehen in seiner Kinderschrift die Worte: ‚Du wirst niemals alt werden.‘ Ich frage ihn: ‚Wie meinst du das?‘ Er antwortet: ‚Ich werde dein Diener sein. Ich bringe dir zu essen.‘ Das siebenjährige Kind sitzt still und aufmerksam neben mir. ‚Ich bringe dir zu essen.‘ Dieses Wort machte mich glücklich für lange Zeit.“
Jesus hatte ein gutes Gespür für Menschen in Not. Manchmal lud er sie zu sich ein: „Wenn ihr in Not oder sehr belastet seid, kommt zu mir. Dann wird eure Seele Ruhe finden.“ (vgl. Matthäus 11,28f).
In unseren Tagen stehen viele Menschen unter „Spannung“, „sind verspannt“. Oft können Fachpersonen Entspannung, Erleichterung bringen. Manchmal braucht es auch nur eine gute Beziehungsperson. Beim Erstbesuch bei einem zwölfjährigen Tumorkind sagte mir die Mutter: „Es tut mir leid, dass ich nicht mehr für das Kind machen kann!“ Der Junge, der so getan hatte, als würde er nicht mithören, sagte auf einmal mit lauter Stimme: „Hauptsache, du bist da!“

Bei Gott sein
Eines Tages rief Jesus seine Jünger zu sich. Sie hatten kaum Zeit zum Essen gefunden; so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen. Da sagte Jesus zu den Seinen: „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir [für uns] allein sind und ruht euch etwas aus!“ (Markus 6,31). Dass Jesus uns zu sich einlädt, gibt uns immer neu Anlass zum Staunen und Danken. Chiara Lubich (1920-2008), die Gründerin der Fokolar-Bewegung, schrieb 1967 in ihr Tagebuch: „Mehrmals verspürte ich den Wunsch, einen zweiten Namen zu haben, einen Namen, der mein Leben zum Ausdruck bringt: DANKE. Ich möchte, dass die Zeit, die mir bleibt, ein beständiger Dank sei.“

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Juli/August 2021)
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