Passiert
Aus dem Leben mit dem Wort
Ich wartete auf einen LKW. Der Fahrer hatte sich verfahren. Den anstehenden Transport hatten wir lange und mühsam vorbereitet. Ob alles gelingen würde? Ich war angespannt und ging dem Fahrzeug entgegen. Da fiel mir ein junger Mann auf. Er schien ein wenig hilflos und so sprach ich ihn an. Es war ihm sichtlich peinlich. Zögernd bat er um ein wenig Geld. Kurz vergaß ich meine Anspannung, wandte mich ihm zu und gab ihm einen Schein. „Das ist aber viel!“ Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: „Oft bringt uns das Leben in Schwierigkeiten, die wir uns nie ausgemalt hätten. Sie haben mir sehr geholfen.“ In diesem Augenblick kam das erwartete Fahrzeug; ich winkte es heran und vertraute den Mann Gott an.
M.W.
Mir fehlte noch eine mündliche Note in Physik und ich war sicher, dass ich am nächsten Tag abgefragt werden würde. Gerade als ich mich hingesetzt hatte, um zu lernen, bat mich meine kleine Schwester um Hilfe. Zuerst sträubte ich mich. Aber dann kam mir ein Satz von Paulus, den ich in der Bibel gelesen hatte: „Freut euch mit denen, die sich freuen, weint mit denen, die weinen.“ Also begann ich, mit meiner Schwester zu lernen. So verging der ganze Nachmittag. Ich konnte mein Buch kaum aufschlagen. Am nächsten Tag ging ich nervös in die Schule. Der Lehrer nahm nur andere Klassenkameraden dran. Am Ende habe ich ihn gefragt, warum er mich nicht aufgerufen hatte. Er schaute in seine Unterlagen: „Du hast doch schon eine Note, eine gute noch dazu.“ Wahrscheinlich hatte er eine meiner Rückmeldungen im Unterricht benotet.
S.T.
Ein Mann im Rollstuhl stand bettelnd vor dem Supermarkt. Nach meinem Einkauf sprach ich ihn an und bot ihm an, sich aus meinen Einkäufen das auszusuchen, was er brauchte. Zufrieden schnappte er sich etwas und begann sofort zu essen. Die Freude über die Begegnung half mir, die Herausforderungen des Tages zu meistern, der nicht so gut begonnen hatte. Weil das so eindrücklich war, nahm ich mir vor, jeden Tag mit einer Tat der Liebe anzufangen. So konnte ich viele Gewohnheiten positiv ändern und überraschte nicht nur meinen Mann, sondern auch die Kinder. Eines Abends sorgte die Nachricht von der schweren Krankheit eines Onkels für große Betroffenheit bei uns allen. Als unser ältester Sohn dann fragte, was wir für den Onkel tun könnten, antwortete die jüngste Tochter: „Vielleicht sollten wir wie Mama in allem, was wir tun, lieben. So werden wir herausfinden, was er braucht.“
L.D.F.
Im Wartebereich meines Friseurgeschäfts tauschen die Kundinnen auch gern Nachrichten aus. Da ich eine ältere Dame, Adele, länger nicht gesehen hatte, fragte ich eine Kundin nach ihr. So erfuhr ich, dass Adele schwer erkrankt war. Ich beschloss, sie zu besuchen, und traf sie einsam und ganz auf sich allein gestellt vor. Sofort setzte ich einen Hilferuf unter den Kundinnen ab. Vielleicht fand sich jemand, der ihr Gesellschaft leisten konnte. Es entstand ein kleiner Wettstreit der Hilfe. Ein Sohn einer Kundin bemühte sich dann sogar darum, Adele in einem Heim unterzubringen. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass es genügt anzufangen.
F.d.R.
Ich wohne in einer Stadt in Ägypten. Außerhalb leben 1000 an Lepra erkrankte Menschen in der Wüste, in einer kaum beachteten Kolonie. Mit Freunden ging ich hin. Wir stellten fest, dass es ihnen an allem fehlte. Nicht einmal Ärzte suchten sie auf. Nach Absprache mit der Caritas luden wir junge Christen und Muslime ein, an arbeitsfreien Tagen mit uns zu ihnen zu gehen. Zwei Medizinstudenten haben sich über die Behandlungsmethoden der Lepra informiert. Andere haben Häuser gestrichen und wieder bewohnbar gemacht. Ein junger Journalist hat Artikel in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht, um so auf die Situation aufmerksam zu machen. Vor allem haben wir aber festgestellt, dass die Kranken jemanden brauchen, der ihnen zuhört, was für sie fast wichtiger ist als Medikamente. So kann jeder von uns einen Beitrag leisten.
H.F.S.
Vor ein paar Jahren waren meine Frau und ich zur kurdischen Hochzeit von Siamand und Abir, die aus dem syrischen Aleppo stammen, in unserem Pfarrzentrum eingeladen. Einem großen Teil dieser Familie war es 2015 gelungen, nach Deutschland zu kommen. Die Schwester des Bräutigams allerdings hatte ausschließlich mit ihren beiden kleinen Söhnen ausreisen dürfen. Ihr Mann musste jahrelang im Libanon bleiben in der Hoffnung, endlich ein Ausreise-Visum zu bekommen. In dieser festgefahrenen Situation hatte ich Siamand versprochen, mit ihm zusammen dafür zu beten, dass sein Schwager die Erlaubnis bekommt. Vor einem halben Jahr gab es schließlich grünes Licht, und er konnte überglücklich Frau und Kinder in die Arme schließen und den Rest der Familie wiedersehen. Ist es nicht großartig zu sehen, dass Gott tatsächlich Berge versetzt?
J.B.
Nach dem Sonntagsgottesdienst wartete ein hagerer junger Mann, bis alle anderen gegangen waren. Er war aus einem zentralasiatischen Land und lebte mit seiner Frau seit einem Monat in unserer Stadt. Als Fachkraft hatte er Arbeit und Wohnung gefunden. Dann begann er zu weinen. Am Vorabend hatte er bei Nachbarn geklopft, die ihre Musik sehr laut hatten. Sie waren sofort ausfallend geworden und hatten ihn bedroht. „Muss ich dann die Polizei rufen? Ich wusste nicht, was ich machen sollte, deshalb bin ich zur Kirche gekommen!“ Mir war klar: Dieses junge Paar braucht eine andere Wohnung. Ich betete zu Jesus: “Hilf mir!“ und rief jemanden an, in dessen Nähe ich eine freie Wohnung gesehen hatte. „Davon weiß ich nichts!“, sagte der. „Aber ich begleite eine Familie aus Sri Lanka, die eine größere Wohnung gefunden hat. Ihre alte passt total gut für ein Ehepaar und liegt in einem ruhigen Wohngebiet! Ich kümmere mich.“
M.W.
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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, September/Oktober 2023.
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