4. Dezember 2023

WORT DES LEBENS . PLUS

Von nst5

Auf Knopfdruck?

„Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen.“ So heißt es im „Wort des Lebens“ für Dezember, das dem ersten Brief an die Thessalonicher entnommen ist.
Im ersten Moment möchte ich Paulus zurufen: Ja, lieber Paulus, hast du denn keine Nachrichten geschaut? War dein Fernseher kaputt? Wenn wir all die Schreckensnachrichten hören – Krieg, immer wieder Unruhen weltweit, Klimaextreme überall; dazu viele Unsicherheiten durch die Energie- und Wirtschaftskrise und bei manch einem auch persönliche Betroffenheit durch Krankheit oder den Tod lieber Menschen. Da empfiehlst du uns: Seid allezeit fröhlich, seid dankbar in allen Dingen?
Es gibt so vieles, was es mir schwer macht, fröhlich und dankbar zu bleiben. Freude und Dankbarkeit kann ich nicht plötzlich machen, auf Knopfdruck sozusagen.
Aber Paulus hört nicht auf, seine Gemeinde aufzufordern: „Seid allezeit fröhlich und seid dankbar in allen Dingen“. Immer wieder taucht das in seinen Briefen auf. Auffällig ist, dass auch bei ihm nicht alles glattging. Er schrieb aus schwierigen Situationen heraus, zumeist aus dem Gefängnis. Sein Glaube an den gekreuzigten und auferstandenen Christus, der jede Situation schon erlöst hat, war so stark, dass die tiefe innere Freude durchdrang.
Wie komme ich dahin? Zwischen der Aufforderung zur Freude und der zur Dankbarkeit steht „betet ohne Unterlass“. Die Schwierigkeiten sind da. Ich kann sie nicht schönreden, aber aussprechen und an Gott adressieren. Schmeißt, wenn es sein muss, die unsäglichen Situationen Gott vor die Füße – aber hört nicht auf, im Gespräch mit ihm zu bleiben. Nichts anderes heißt für mich das Gebet. Dann kann ich meinen Blick von den Alltagssorgen wieder auf die Momente richten, für die ich dankbar bin.
Ich bin so aufgewachsen: Was gut läuft, ist nahezu selbstverständlich; was nicht gut läuft, gehört angesprochen. Auch bei meiner Arbeit wurde die Dienstbesprechung zunehmend ein Aufzählen dessen, was noch fehlt. Bis wir uns gemeinsam erinnert haben: „Wo sind wir denn verankert? Was ist unser Fundament?“ So haben wir begonnen, an den Anfang immer erst einen Rückblick zu setzen: Was war gut? Was ist uns miteinander gelungen? Wofür sind wir dankbar? Ich merke, der dankbare Blick verändert etwas in mir.
Ich nehme mir für den Dezember vor, bewusster auf das zu schauen, wofür ich dankbar sein kann. Und mich ausdrücklicher bei anderen zu bedanken. Damit werde ich nicht auf Knopfdruck anders empfinden. Aber ich kann mich auf den Weg machen, anders hinzuschauen und lernen, alle Dinge im Gebet Gott anzuvertrauen.
Manchmal stellen sich dann unerwartet Momente tiefen inneren Friedens und großer Dankbarkeit ein. Manchmal auch eine Dennoch-Dankbarkeit und Dennoch-Freude, ein Getragen-Sein auch in schwieriger Situation, die mir nur Gott schenken kann.
Anke Husberg


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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, November/Dezember 2023.
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