1. Februar 2024

WORT DES LEBENS.PLUS

Von nst5

„Hast du mich lieb?“

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1 Korinther 16,14) lautet die Jahreslosung der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen. Die evangelische Christin Renate Karnstein hat dazu eine Auslegung verfasst, die wir in Auszügen hier wiedergeben:
„Ist doch klar!“, werden die meisten zustimmen. „Wer will das denn nicht?“
Wie oft nehme ich für mich bewusst oder unbewusst in Anspruch, dass Liebe die Motivation meines Handelns ist! Dabei entdecke ich, wie hauchdünn der Grat zwischen Liebe und Machtausübung sein kann. Wir erleben das als Eltern und als Kinder. Auch in Gemeinden, wenn ein Amt, ein Dienst, ein Stil so zur persönlichen Herzenssache wird, dass kein Raum bleibt für andere Sichtweisen. Wie schnell verschwimmen die Grenzen zwischen leidenschaftlichem Engagement für die Gemeinde und Durchsetzung von Eigeninteressen, oft als selbstloser Dienst getarnt.
Wie ich etwas tue, kann entscheidender sein, als was ich tue. Paulus drückt das in seinem Hohelied der Liebe radikal aus: Wenn ich im Glauben Berge versetzen kann und ich alles, was ich habe, für andere einsetze, „hätte aber die Liebe nicht“, wäre alles nichts und zu nichts nützlich. Tiefe Erkenntnisse biblischer Wahrheit drohen fanatisch zu werden, wenn sie nicht in der Liebe ihren Ausdruck finden. Ohne Liebe erstickt der Glaube – sie ist die Atemluft des Glaubens.
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“, meint nicht, mit dem „Mantel der Liebe“ alle Konflikte zuzudecken. Jesus lebte und handelte oft überraschend anders und provozierend. Er scheute keine Auseinandersetzungen mit den religiösen Führern, die das Gesetz achteten und liebten, aber die Menschen, die das nicht konnten oder wollten, verachteten. Genau für die schlägt Jesu Herz. Seine Liebe eröffnet Schwachen und Gescheiterten Räume, neu anzufangen.
Nach seiner Auferstehung fragte Jesus seinen Jünger Petrus drei Mal: „Hast du mich lieb?“ Das Einzige, was für ihn zählte, nachdem Petrus ihn zuvor in einer seiner dunkelsten Stunden drei Mal verleugnet hatte.
„Hast du mich lieb?“, fragt Jesus auch mich. Ich liege ihm also am Herzen. Seine Frage trifft mich mitten ins Herz! Bestürzt und verwirrt bleibe ich erst einmal eine Antwort schuldig. Ich liebe meine Familie, engagiere mich leidenschaftlich für Herzensanliegen, grabe mich hinein in Gottes Wort, befasse mich intensiv mit aktuellen Fragen in Kirche und Gesellschaft und ringe nach Antworten.
„Hast du mich lieb?, fragt Jesus. Immer wieder, um mich neu auszurichten. Auf IHN und auf meine Welt um mich herum. Eine liebevolle Unterbrechung aus meiner Geschäftigkeit. So geschieht seine Liebe: Sie verändert mich und so auch die Welt um mich herum. Auch durch kleine Herzen wie meines.
Renate Karnstein

www.jahreslosung.eu


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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, Januar/Februar 2024.
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