4. April 2024

Zärtlich und ohne Grenzen

Von nst5

Ohne Wind geht es nicht

Sie ist Theologin und Surflehrerin: Esther Göbel verbindet zwei Welten, die nach Ansicht vieler Menschen eher wenig miteinander zu tun haben. Die Pastoralreferentin im Erzbistum Berlin bietet regelmäßig Surfexerzitien an.
Im Interview mit www.katholisch.de sagte sie: „Wir können sehr viel vom Surfen für unser Leben lernen. Das Erste ist wohl, dass es ohne den Wind nicht geht – sei es der Wind des Meeres, ohne den Windsurfen nicht möglich ist, oder das Wehen des Heiligen Geistes, das die Kirche braucht. Es gibt zahlreiche weitere Metaphern und Bilder, die auf unser Leben angewendet werden können. Etwa die Sache mit der Balance: Beim Windsurfen kommt es ganz viel auf das Gleichgewicht an. Ich brauche sie fürs Board und meinen Körper. Manchmal ist viel Wind und ich muss gegenhalten. Wie kriege ich das hin? Das ist ganz schnell und easy aufs Leben übertragbar. Dann gibt’s das Thema, wie man mit Gegenwind umgeht. Wenn der Wind von der falschen Seite weht, dann komme ich nicht mehr voran. Was mache ich dann? Die Frage nach der Orientierung auf dem Wasser und dorthin zu kommen, wo ich hinmöchte. Wie kann ich Kurs halten?“
Esther Göbel geht es nicht darum, ein „cooles Format“ anzubieten. Ihrer Beobachtung nach klaffen bei vielen Menschen der Alltag und das spirituelle Leben auseinander. „Mir ist besonders das Thema ‚inneres Wachstum‘ wichtig. Wenn man Menschen dazu befähigen kann, ein Leben in Glück und Fülle zu finden, können wir annehmen, dass es Gottes Wille für uns Menschen ist: Jeder Mensch ist dazu berufen, ein Leben in Fülle zu führen – auch wenn die endgültige Fülle der Ewigkeit vorbehalten ist.“
www.surfandsoul.de

Illustration: (c) Jorm Sangsorn (iStock)

Christen nach Kontinenten
In den vergangenen gut 120 Jahren hat die Zahl der Christinnen und Christen auf allen Kontinenten zugenommen. Der Anteil an der Weltbevölkerung ist jedoch leicht gesunken: von 34,5 Prozent im Jahr 1900 auf 32,3 Prozent im Jahr 2021. Die Unterschiede zwischen den Kontinenten sind dabei sehr groß. Zwischen 2000 und 2021 wuchs die Zahl der Christen in Europa (einschließlich Russland) um 0,01 Prozent jährlich. In Afrika waren es im gleichen Zeitraum 2,81 Prozent jährlich. Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Christen in Afrika bis 2050 auf 1,32 Milliarden fast verdoppelt (im Vergleich zu 2021). In Europa soll sie bis dahin um gut zehn Prozent auf 501,7 Millionen sinken.

Zuspruch
„Dass Gott die Welt in Christus geliebt und mit sich versöhnt hat, ist die zentrale Verkündigung des Neuen Testaments. In ihr ist vorausgesetzt, dass die Welt der Versöhnung mit Gott bedürftig, doch von sich aus nicht fähig ist. Die Annahme der Welt ist ein Wunder der göttlichen Barmherzigkeit. … Es (ist) der Auftrag und das Wesen der Gemeinde, gerade dieser Welt ihre Versöhnung mit Gott zuzusprechen und ihr die Wirklichkeit der Liebe Gottes zu enthüllen, gegen die sie blind wütet.“
Dietrich Bonhoeffer
Quelle: www.dietrich-bonhoeffer.net

Foto: (c) suteishi (iStock)

„Liturgie der Außenseiter“

Du hast uns heute Nacht
in dieses Café „Le Clair de Lune“ geführt.
Du wolltest dort du selbst sein,
für ein paar Stunden der Nacht.
Durch unsere armselige Erscheinung,
durch unsere kurzsichtigen Augen,
durch unsere liebeleeren Herzen
wolltest du all diesen Leuten begegnen,
die gekommen sind, die Zeit totzuschlagen.
Und weil deine Augen in den unsren erwachen,
weil dein Herz sich öffnet in unserm Herzen,
fühlen wir,
wie unsere schwächliche Liebe aufblüht,
sich weitet wie eine Rose,
zärtlich und ohne Grenzen
für all diese Menschen, die hier um uns sind.
Das Café ist nun kein profaner Ort mehr,
dieses Stückchen Erde,
das dir den Rücken zu kehren schien.
Wir wissen, dass wir durch dich
ein Scharnier aus Fleisch geworden sind,
ein Scharnier der Gnade,
die diesen Fleck Erde dazu bringt,
sich mitten in der Nacht,
fast wider Willen
dem Vater allen Lebens
zuzuwenden.
In uns vollzieht sich das Sakrament deiner Liebe.
Wir binden uns an dich,
wir binden uns an sie
mit der Kraft eines Herzens,
das für dich schlägt.
Madeleine Delbrêl

Aus: Du lebtest, und ich wusste es nicht.
Verlag Neue Stadt, 2023, S.110


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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, März/April 2024.
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