Duales Rundfunksystem
Wodurch unterscheiden sich privater, öffentlich-rechtlicher und staatlicher Rundfunk?
Was ist ein duales Rundfunksystem?
Der Begriff Rundfunk umfasst die beiden Kommunikationskanäle Radio und Fernsehen. „Dual“ bedeutet, dass das System aus zwei Teilen besteht: Während es nach dem Zweiten Weltkrieg in vielen europäischen Ländern nur öffentlich-rechtliche Anstalten gab, wurden später zumeist auch private Sender erlaubt – in der Schweiz 1983, in Deutschland 1984 und in Österreich 2001. Durch die Zulassung versprachen sich die Gesetzgeber eine größere Medien- und Meinungsvielfalt.
Was unterscheidet private und öffentlich-rechtliche Rundfunksender?
Privatrechtliche Sender gehören Gesellschaftern. Als Wirtschaftsunternehmen arbeiten sie gewinnorientiert. Sie finanzieren sich über Werbe- oder wie beim Pay-TV über Kundeneinnahmen. In Deutschland ist die Zulassung und Kontrolle Aufgabe der Landesmedienanstalten. In der Schweiz regelt der Bund die Zulassung. In Österreich beaufsichtigt die Medienbehörde KommAustria den privaten wie auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist unabhängig von der Regierung und verwaltet sich selbst. Laut gesetzlichem Sendeauftrag soll er die Bevölkerung mit Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung versorgen und eine freie Meinungsbildung ermöglichen. Seine Berichterstattung soll objektiv und nicht parteilich sein sowie alle gesellschaftlichen Gruppen und unterschiedliche Meinungen berücksichtigen. Er wird über Gebühren oder Beiträge finanziert und soll kostendeckend arbeiten. Werbeeinnahmen sind meist nur begrenzt erlaubt, um von Beeinflussungen aus der Wirtschaft frei zu sein.
Sind öffentlich-rechtlicher und staatlicher Rundfunk das gleiche?
Nein. Staatlicher Rundfunk befindet sich im Eigentum oder in der Kontrolle des Staates. Er hängt von der Regierung ab und kann leicht zur Propaganda genutzt werden.
Um unabhängig zu sein, ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland, Österreich und der Schweiz bewusst nicht steuerfinanziert. In Deutschland wird er von Rundfunkräten kontrolliert. Sie überwachen, ob die Sender ihrem gesetzlichen Auftrag gerecht werden, und beraten bei der Programmgestaltung. Darin vertreten sind politische Parteien, Religionsgemeinschaften, Hochschulen, kulturelle Einrichtungen, junge Menschen, Migranten, Menschen mit Behinderungen, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften.
Warum hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk an Glaubwürdigkeit verloren?
Dazu haben Fälle von Bestechlichkeit, Untreue, Vorteilsnahme und Geldverschwendung beigetragen. Vorwürfe betreffen den hohen Anteil an Sport- und Unterhaltungssendungen, hohe Gagen und Gehälter und die Vielzahl von Spartenkanälen. Linke und sozialstaatsorientierte Haltungen seien überrepräsentiert, gegensätzliche Meinungen kämen zu kurz. An der Finanzierung über Rundfunkgebühren wird kritisiert, dass auch Haushalte zahlen müssen, die kein Radio- und Fernsehgerät haben oder die Sender nicht nutzen. Berechtigte Kritik ist davon zu unterscheiden, dass manche Populisten die Öffentlich-rechtlichen als vermeintliche Vertreter der „Eliten“, „Mächtigen“ und des „Mainstreams“ darstellen und so Misstrauen schüren.
Clemens Behr
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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, Juli/August 2024.
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