Zwischen Polen
Als Mensch wachsen und reifen:
Das beschreibt Ernst Ulz in seinem Beitrag als lebenslangen Prozess, der alle Aspekte menschlichen Lebens betrifft – auch den geistlichen.
Und auf fast allen Artikel Seiten zu unserem Schwerpunktthema finden sich Hinweise darauf, dass auch der Umgang mit den uns unangenehmen – „negativen“ – Gefühlen ein Lern-, ein Wachstumsweg ist, „der uns erlaubt, hier und heute Mensch zu sein“. Dabei geht es nicht um Perfektion: „Das Wissen, auf dem Weg zu sein hilft, mit den eigenen Gefühlen wohlwollend umzugehen“.
Unterwegs sein, allein und gemeinsam, dabei immer wieder innehalten und sich der Umstände bewusstwerden, zieht sich wie ein Leitmotiv durch diese Nummer. Sie finden diese Stichworte auch in der Erfahrung von Clarina Mayr und jener der Wohngemeinschaft in Köln-Vingst oder in den Antworten bei „Beziehungsweise“.
Allein und gemeinsam. Unterwegs sein und innehalten. Es scheinen Gegensätze, doch gehören sie zusammen. Die Gegensatzpaare sind wie Pole, die einen weiten Raum eröffnen. Was sich einfach anhört, ist es im Leben oft gar nicht. Pole stehen auch für Spannung, die es auszuhalten gilt und die sich manchmal auch entlädt.

Spannung empfinde ich auch im Blick auf viele politische und gesellschaftliche Entwicklungen, die wir derzeit erleben: hier bei uns, in Europa, in den USA, im Nahen Osten, in Afrika, … So vieles tut sich da und meist – so mein Eindruck – führt es nicht zum Besseren. Manche Entwicklungen überfordern mich; die Tragweite mancher Entscheidungen kann ich nur schwer einordnen. Und ja, mein Reflex ist manchmal, mich abzugrenzen, mich auf mich, meine Bedürfnisse, mein überschaubares Umfeld zurückzuziehen. Ich wünsche mir Durch-Blick. Und manchmal muss ich für einen klaren Blick auf Rückzug gehen, mich innerlich verwurzeln. Manchmal brauche ich dafür aber auch den Austausch mit anderen. Ihre Blickwinkel eröffnen auch mir oft neue Perspektiven, bestärken oder rücken etwas zurecht. Beides – Rückzug und Austausch – kann helfen, mich wieder freier, offener, gelassener „der Welt“, den Aufgaben und Menschen zuzuwenden. Und so auch zu verstehen, wo und wie ich mich in meinem Umfeld für die Werte einsetzen kann, die mir wichtig sind und die derzeit infrage gestellt werden.
Vor uns liegt mit der Fasten- oder Passionszeit der Weg auf Ostern hin. Ich möchte ihn bewusst gehen: allein und gemeinsam, in Bewegung und im Innehalten – mit dem Wunsch, immer mehr Mensch zu werden und Menschlichkeit zu leben.
Ihre
Gabi Ballweg
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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, März/April 2025.
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